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Pressemitteilung Nr. 13/2015 vom 26. Februar 2015


Rechtswidrigkeit einer nationalen Vergleichsmarktbetrachtung bei der Genehmigung von Mobilfunk-Terminierungsentgelten

Die Bundesnetzagentur kann Entgelte für die Terminierung in ein Mobilfunknetz nicht im Wege einer Vergleichsmarktbetrachtung unter Rückgriff auf die Entgelte genehmigen, die sie gleichzeitig für nur einen anderen Mobilfunkbetreiber auf der Grundlage von diesem eingereichter Kostenunterlagen genehmigt hat. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.

Die Klägerin, die Vodafone GmbH, betreibt ein Mobilfunknetz. Für die Zustellung von Anrufen (Terminierung) aus dem Netz eines anderen Betreibers in ihr Netz kann sie von dem Betreiber des anderen Netzes ein Entgelt verlangen, das die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung nicht übersteigen darf und mit Blick hierauf der Vorabgenehmigung der Bundesnetzagentur unterliegt. Die Genehmigung wird grundsätzlich auf der Grundlage von Kostenunterlagen erteilt, welche der Netzbetreiber vorzulegen hat. Reichen die vorgelegten Kostenunterlagen für eine Prüfung des beantragten Entgelts nicht aus, kann die Bundesnetzagentur als Vergleich die Preise solcher Unternehmen heranziehen, die entsprechende Leistungen auf vergleichbaren, dem Wettbewerb geöffneten (nationalen oder internationalen) Märkten anbieten, oder die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung auf der Grundlage eines Kostenmodells ermitteln. Weil die Bundesnetzagentur die vorgelegten Kostenunterlagen der Klägerin nicht für ausreichend erachtete, erteilte sie ihr für die hier in Rede stehende Zeit eine Entgeltgenehmigung aufgrund einer Vergleichsmarktbetrachtung. Als Vergleich zog sie hierfür nur das Entgelt heran, das sie am selben Tag einem anderen Netzbetreiber, der O2, auf der Grundlage von diesem eingereichter Kostenunterlagen, allerdings in geringerer Höhe als beantragt, genehmigt hatte. Von diesem Entgelt nahm sie zudem einen Abschlag vor, weil die Klägerin als D-Netz-Betreiberin gegenüber der O2 als E-Netz-Betreiberin aufgrund des früheren Markteintritts mit unterschiedlicher Frequenzausstattung Kostenvorteile habe.

Die Klägerin hat gegen die ihr erteilte Entgeltgenehmigung Klage auf Genehmigung eines höheren Entgelts erhoben: Das als Vergleich herangezogene Entgelt der O2 sei rechtswidrig zu niedrig bemessen. Es seien Kostenfaktoren, wie die Anschaffungskosten für UMTS-Lizenzen, nicht in der erforderlichen Höhe berücksichtigt worden. Zudem sei der vorgenommene Abschlag nicht berechtigt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die erteilte Entgeltgenehmigung hingegen als rechtswidrig beurteilt. Zwar kann die Klägerin nicht verlangen, dass nachgeprüft wird, ob die Bundesnetzagentur das als Vergleich herangezogene Entgelt rechtmäßig genehmigt hat, dieses insbesondere die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung zutreffend abbildet. Das Telekommunikationsgesetz stellt bei der Vergleichsmarktbetrachtung auf die Preise der Vergleichsunternehmen, nicht auf Kosten ab. Gleichwohl war die Klage entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht abzuweisen. Denn die Vergleichsmarktbetrachtung beruht hier auf einer zu schmalen Basis und war deshalb kein geeignetes Mittel, das für die Klägerin zutreffende Entgelt zu ermitteln. Allerdings dürfen für eine Vergleichsmarktbetrachtung unter Umständen auch die Preise auf nur einem, zudem regulierten Markt herangezogen werden. Hier war jedoch von vornherein absehbar, dass das Vergleichsentgelt der O2 von dieser als zu niedrig und von deren Vertragspartnern als zu hoch angefochten werden würde, was in der Folge auch geschehen ist. Deshalb konnten sich die Preise auf dem einzig herangezogenen Vergleichsmarkt aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung noch ändern, was eine erhebliche Wettbewerbsverzerrung verursachen konnte. Das Bundesverwaltungsgericht hat ferner beanstandet, dass die Bundesnetzagentur nicht nachvollziehbar und widerspruchsfrei begründet hat, worin die strukturell begründeten Unterschiede bei der Kostenbelastung der D-Netz-Betreiber und der E-Netz-Betreiber bestehen, die als Besonderheiten der Vergleichsmärkte einen Abschlag rechtfertigen könnten.

Danach steht der Klägerin an sich ein Anspruch auf Neubescheidung ihres Genehmigungsantrags zu. Einer entsprechenden Verpflichtung der Bundesnetzagentur durch des Gericht steht jedoch eine Vorschrift des Telekommunikationsgesetzes entgegen, nach welcher ein solcher Verpflichtungsausspruch nur ergehen darf, wenn das Verwaltungsgericht in einem vorangegangenen Verfahren der einstweiligen Anordnung die vorläufige Zahlung des beantragten höheren Entgelts angeordnet hat, was hier nicht geschehen ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits in einem früheren Verfahren diese Vorschrift als Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot effektiven Rechtsschutzes beurteilt und die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift vorgelegt (Beschluss vom 26. Februar 2014 - BVerwG 6 C 3.13; Pressemitteilung 15/2014). Demgemäß hat es auch hier das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.

BVerwG 6 C 33.13 - Beschluss vom 25. Februar 2015

Vorinstanz:

VG Köln 21 K 5903/07 - Urteil vom 25. September 2013


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