Die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die
Verfassungsbeschwerde von fünf Hamburger Bürgern gegen die
Wiedereinführung der 5%-Sperrklausel für die Wahl zu den
Bezirksversammlungen in der Freien und Hansestadt Hamburg nicht zur
Entscheidung angenommen. Bei Wahlen zu den Bezirksversammlungen ist die
Verletzung der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl nicht mit der
Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht angreifbar.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann im
Anwendungsbereich der spezifischen wahlrechtlichen Gleichheitssätze
der Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG im Rahmen
einer Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht nicht
auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG
zurückgegriffen werden. Bei Wahlen außerhalb der Anwendungsbereiche
der speziellen Wahlrechtsgrundsätze kommen dagegen die Vorgaben des
allgemeinen Gleichheitssatzes zum Tragen.
2. Obwohl Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG hier nicht
einschlägig sind (die hamburgischen Bezirksversammlungen sind keine
Volksvertretungen im Sinne des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG; Art. 38
Abs. 1 Satz 1 GG gilt nur für die Bundestagswahl), ist auch bei der
Überprüfung der Wahlvorschriften für die Wahl zu den hamburgischen
Bezirksversammlungen ein Rückgriff auf den allgemeinen
Gleichheitssatz vor dem Bundesverfassungsgericht nicht möglich.
a) Die Wahl zu den hamburgischen Bezirksversammlungen unterscheidet
sich grundlegend von den Wahlen, bei denen nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein Rückgriff auf
Art. 3 Abs. 1 GG möglich ist. Im Unterschied zu Personal-,
Richter- und Arbeitnehmervertretungen sowie der
sozialversicherungsrechtlichen Selbstverwaltung und im Bereich
der Hochschulen üben die Bezirksversammlungen unmittelbare
Staatsgewalt aus. Es geht nicht lediglich um die Selbstverwaltung
von eigenen Angelegenheiten, sondern um die unmittelbare
Wahrnehmung staatlicher Aufgaben. Darüber hinaus handelt es sich
um eine allgemeinpolitische Wahl, an die besondere Anforderungen
zu stellen sind. Zudem geht es um die demokratische Legitimierung
von Organen, die alle wahlberechtigten Bewohner eines Bezirks
repräsentieren und nicht lediglich für einen eng begrenzten
Personenkreis wirken.
b) Es entspricht auch der föderativen Ordnung der Bundesrepublik,
dass die Beschwerdeführer nicht unter Berufung auf Art. 3 Abs. 1
GG die Verfassungsmäßigkeit der 5 %-Sperrklausel vor dem
Bundesverfassungsgericht rügen können. Die Einrichtung von
Bezirksversammlungen ist Ausdruck der staatsorganisatorischen
Autonomie der Freien und Hansestadt Hamburg. Es ist
dementsprechend Sache des hamburgischen Verfassungsgerichts und
nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, diese
Organisationsentscheidung der Freien und Hansestadt Hamburg
nachzuprüfen.
3. Die Beschwerdeführer werden durch den Ausschluss des Rückgriffs auf
den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nicht rechtsschutzlos gestellt.
Vielmehr steht den Bürgern ein Rechtsweg zur Verfügung. Das
Wahlprüfungsgesetz sieht die Prüfung der Wahl zu den
Bezirksversammlungen durch die Bürgerschaft vor. Gegen die
Entscheidung der Bürgerschaft kann von dem Wahlberechtigen eine
Entscheidung des Hamburgischen Verfassungsgerichts herbeigeführt
werden.
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