Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hatte sich anhand des
Art. 3 Nr. 4 Buchstabe a des Gesetzes zur Fortsetzung der
Unternehmensteuerreform vom 29. Oktober 1997 mit der Frage der
verfassungsrechtlichen Grenzen für Beschlussempfehlungen des
Vermittlungsausschusses zu befassen. Die beanstandete Norm war auf
Empfehlung des Vermittlungsausschusses in das Gesetz aufgenommen
worden, ohne dass diese oder auch nur eine thematisch verwandte
Regelung Gegenstand des vorherigen Gesetzgebungsverfahrens gewesen
wäre. Der Senat kam zu dem Ergebnis, dass der Vermittlungsausschuss
damit seine verfassungsrechtlichen Kompetenzgrenzen überschritten hat.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Der Vermittlungsausschuss hat die Aufgabe, im Falle unterschiedlicher
Auffassungen zwischen Bundestag und Bundesrat im Rahmen eines
Gesetzgebungsverfahrens einen Einigungsvorschlag zu erarbeiten, über
den der Bundestag sodann erneut zu beschließen hat. Zur Wahrung der
bundesstaatlichen Kompetenzverteilung, der Rechte der Abgeordneten, der
Öffentlichkeit der parlamentarischen Debatte und damit der
demokratischen Kontrolle der Gesetzgebung darf der
Vermittlungsausschuss lediglich solche Änderungen, Ergänzungen oder
Streichungen des Gesetzesbeschlusses vorschlagen, die sich im Rahmen
des Anrufungsbegehrens und des Gesetzgebungsverfahrens bewegen. Er ist
deshalb durch diejenigen Regelungsgegenstände begrenzt, die bis zur
letzten Lesung im Bundestag in das jeweilige Gesetzgebungsverfahren
eingeführt waren.
An diesen Maßstäben gemessen hat der Vermittlungsausschluss mit der
Aufnahme des Art. 3 Nr. 4 Buchstabe a des Gesetzes zur Fortsetzung der
Unternehmensteuerreform in den Einigungsvorschlag seine Kompetenzen
überschritten. Er hat die Vorschrift in das Gesetzgebungsverfahren
eingeführt, ohne dass diese oder auch nur eine thematisch verwandte
Regelung Gegenstand des vorherigen Verfahrens gewesen wäre. Die
Entscheidung über die getroffene umwandlungssteuerliche Regelung fiel
erst im Vermittlungsausschuss. Damit hat der Vermittlungsausschuss der
Sache nach ein Gesetzesinitiativrecht beansprucht, das ausschließlich
dem Bundestag, dem Bundesrat und der Bundesregierung zusteht.
Die Norm ist trotz des festgestellten Verfassungsverstoßes weiter
gültig, weil es an der nötigen Evidenz des Verfahrensverstoßes fehlt.
Entscheidend ist, dass das Bundesverfassungsgericht die Maßstäbe, an
denen gemessen das eingeschlagene Gesetzgebungsverfahren als
verfassungswidrig anzusehen ist, erst in seinem Urteil vom 7. Dezember
1999 und damit nach Abschluss des hier in Rede stehenden
Gesetzgebungsverfahrens konkretisiert hat. Auf diese Maßstäbe konnte
sich der Gesetzgeber im Jahr 1997 noch nicht einstellen.
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