Vor dem Bundesgerichtshof können sich die Beteiligten in
zivilrechtlichen Verfahren nur durch einen Rechtsanwalt vertreten
lassen, der bei dem Bundesgerichtshof zugelassen ist. Das
Auswahlverfahren für die Zulassung als Rechtsanwalt bei dem
Bundesgerichtshof ist in der Bundesrechtsanwaltsordnung geregelt.
Voraussetzung einer Zulassung ist eine Benennung durch den
Wahlausschuss für Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof. Der
Vorsitzende des Wahlausschusses teilt dem Bundesministerium der Justiz
das Ergebnis der Wahl mit. Dieses trifft dann unter den gewählten
Bewerbern die Entscheidung über den Antrag auf Zulassung als
Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof.
Der Beschwerdeführer ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und wurde in
die Vorschlagsliste der Bundesrechtsanwaltskammer aufgenommen. Der
Wahlausschuss legte einen Bedarf von sieben Neuzulassungen fest. In der
anschließenden Wahl ergab sich für den Beschwerdeführer keine Mehrheit,
um auf einen der 14 Rangplätze der dem Bundesministerium der Justiz
vorgelegten Bewerberliste aufgenommen zu werden.
Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers, mit der er sich
insbesondere gegen das in der Bundesrechtsanwaltsordnung normierte
Auswahlverfahren wandte, wurde von der 2. Kammer des Ersten Senats des
Bundesverfassungsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen. Die
Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung für das Wahlverfahren der
Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof sind verfassungsgemäß. Das
Zulassungsverfahren schränkt zwar die Berufsausübungsfreiheit ein. Es
ist jedoch ausreichend bestimmt geregelt und durch hinreichende Gründe
des Gemeinwohls gerechtfertigt.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
1. Zwar hat der Gesetzgeber dem Wahlausschuss keine Vorgaben zur
konkreten Bestimmung der Anzahl der bei dem Bundesgerichtshof
zuzulassenden Rechtsanwälte gemacht. Die Auslegung führt mit
Rücksicht auf den Gesetzeszweck aber zu dem Ergebnis, dass die
angemessene Zahl der bei dem Bundesgerichtshof zuzulassenden
Rechtsanwälte an den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege
auszurichten ist. Aufgrund der Notwendigkeit einer ausreichenden
Beschäftigungsmöglichkeit beschränkt einerseits der Geschäftsanfall
der Zivilsenate die Zahl der Zulassungen, während andererseits die
sachgerechte Wahrnehmung der Interessen der Rechtsuchenden gebietet,
dass für die Parteien eine hinreichende Auswahl unter mehreren
Rechtsanwälten möglich ist.
2. Mit der Begrenzung der bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwälte verfolgt der Gesetzgeber ein gewichtiges
Gemeinwohlziel, das die Beschränkungen der Berufsausübung
legitimiert.
Die Regelung bezweckt eine Förderung und Weiterentwicklung der
höchstrichterlichen Rechtsprechung in Zivilsachen. Durch die
Konzentration ihrer Tätigkeit auf die Zivilsachen bei dem
Bundesgerichtshof sowie durch die Beschränkung der Zahl der
zugelassenen Rechtsanwälte soll sichergestellt werden, dass die
Revisionsanwälte mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und
der darauf beruhenden Auslegung und Fortbildung des Rechts auf das
Genaueste vertraut sind. Aufgrund dieser besonderen Kenntnisse sowie
ihrer allgemein hohen juristischen Qualifikation sollen sie die
Weiterentwicklung der Rechtsprechung sichern und voranbringen.
Überdies soll die höchstrichterliche Rechtsprechung durch die
Filterfunktion der Revisionsanwälte gefördert werden, indem die
Revisionsanwälte an sie herangetragene aussichtslose Verfahren vom
Bundesgerichtshof fernhalten und auf diese Weise die richterliche
Arbeitskraft nicht durch Verfahren gebunden wird, die für die
eigentliche Aufgabe des Revisionsgerichts unerheblich sind.
Das Auswahlverfahren und die Zulassungsbegrenzung sind auch
verhältnismäßig; insbesondere ist die Zulassungskontingentierung
erforderlich. Zwar gibt es bei den anderen obersten Bundesgerichten
keine nur dort vertretungsberechtigte Rechtsanwaltschaft. Daraus
kann aber nicht gefolgert werden, auf eine besondere
Rechtsanwaltschaft könne ohne Nachteile für wesentliche Belange des
Gemeinwohls auch bei dem Bundesgerichtshof verzichtet werden. Eine
vom Bundesministerium der Justiz eingesetzte Kommission kam nach
Anhörung der Vertreter der obersten Bundesgerichte 1998 im Gegenteil
zu dem Ergebnis, dass eine spezielle Anwaltschaft auch bei den
übrigen obersten Bundesgerichten wünschenswert wäre, weil die
Qualität der Prozessvertretung dort verbesserungswürdig erscheine.
Die Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof kann auch nicht
unter Verzicht auf die zahlenmäßige Begrenzung der zugelassenen
Rechtsanwälte aufrechterhalten werden. Selbst bei strengen
Eignungsprüfungen lässt die Situation auf dem Anwaltsmarkt eine hohe
Zahl von Zulassungen und einen hiermit verbundenen starken
Konkurrenzdruck befürchten. Gerade die Effektivität der
Filterwirkung der Revisionsanwälte beruht aber vor allem auf deren
wirtschaftlicher Unabhängigkeit. Schließlich ist die gesetzliche
Regelung auch angemessen. Die Zulassungsbeschränkung betrifft nur
einen sehr kleinen Teil der anwaltlichen Berufsausübung.
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