Der Beschwerdeführer lernte über einschlägige Internetforen das spätere
Tatopfer kennen. Die beiden vereinbarten zur jeweiligen Befriedigung
ihrer sexuellen Neigungen eine Penisamputation beim Tatopfer und die
anschließende Tötung des Mannes durch den Beschwerdeführer. Nachdem der
Beschwerdeführer die Amputation durchgeführt hatte, tötete er das
Tatopfer mit zwei Messerstichen. Die Tötung und Zerlegung der Leiche
nahm der Beschwerdeführer mit einer Videokamera auf, um sich den Film
zur Selbstbefriedigung anzuschauen. Tage später verzehrte er Teile der
Leiche und sah sich das Video an. Dabei befriedigte er sich selbst.
Das Landgericht Kassel verurteilte den Beschwerdeführer zunächst wegen
Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten.
Dieses Urteil hob der Bundesgerichtshof auf Revision der
Staatsanwaltschaft auf, da das Landgericht eine Verurteilung wegen
Mordes nicht ausreichend geprüft habe. Nach erneuter Hauptverhandlung
verhängte das Landgericht Frankfurt am Main gegen den Beschwerdeführer
eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes. Das Gericht stellte
fest, dass der Beschwerdeführer die Mordmerkmale der Tötung zur
Befriedigung des Geschlechtstriebs und der Tötung, um eine andere
Straftat zu ermöglichen - nämlich eine Störung der Totenruhe -
verwirklicht habe. Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des
Beschwerdeführers verwarf der Bundesgerichtshof als offensichtlich
unbegründet.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde machte der Beschwerdeführer unter
anderem geltend, dass er nur wegen Tötung auf Verlangen bestraft werden
dürfte, da das Opfer mit der Tötung einverstanden gewesen sei. Die
Verurteilung wegen Mordes könne schon deshalb nicht aufrechterhalten
bleiben, weil der Straftatbestand des § 211 StGB verfassungswidrig sei.
Außerdem sei der Straftatbestand fehlerhaft ausgelegt und angewendet
worden.
Die Verfassungsbeschwerde wurde von der 2. Kammer des Zweiten Senats
nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie weder grundsätzliche
Bedeutung hat noch ihre Annahme zur Durchsetzung der Grundrechte des
Beschwerdeführers angezeigt ist. Der verfassungsrechtliche Rahmen für
die Auslegung und Anwendung des Mordtatbestands ist in der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Wesentlichen geklärt.
Gleiches gilt für die verfassungsrechtlichen Vorgaben, die sich aus dem
Übermaßverbot und insbesondere dem Gebot schuldangemessenen Strafens
für das Strafrecht ergeben. Danach sind weder die unterbliebene
Anwendung des Straftatbestands der Tötung auf Verlangen noch die
Strafvorschrift des § 211 StGB als solche oder deren Auslegung und
Anwendung im Einzelfall verfassungsrechtlich zu beanstanden.
Die wortlautkonforme Auslegung des § 216 StGB durch das Landgericht
Frankfurt am Main, wonach eine Tötung auf Verlangen nur vorliegt, wenn
das Tötungsverlangen des Opfers für den Täter handlungsleitend gewesen
ist, schränkt diesen Privilegierungstatbestand nicht unverhältnismäßig
ein.
Die Strafvorschrift des § 211 StGB ist mit Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG in
Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem
verfassungsrechtlichen Schuldprinzip auch insofern vereinbar, als
danach mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft wird, wer zur
Befriedigung des Geschlechtstriebs oder um eine andere Straftat zu
ermöglichen einen Menschen tötet. Insbesondere ist auch das Mordmerkmal
der Tötung "zur Befriedigung des Geschlechtstriebs" zur Abgrenzung
besonders verwerflicher Tötungshandlung geeignet, wobei sich die
besondere Verwerflichkeit aus der Relation von Zweck und Mittel und
regelmäßig auch aus der besonderen Gefährlichkeit des Täters ergibt. Im
Hinblick auf dieses Mordmerkmal wie auch auf das Mordmerkmal der Tötung
zur Ermöglichung einer Straftat stehen den Strafgerichten ausreichende
Mittel zur Verfügung, um eine Verurteilung nach § 211 StGB auf die
Fälle zu beschränken, in denen die besondere Verwerflichkeit der Tat
dies rechtfertigt.
Ob die genannten Mordmerkmale im Falle des Beschwerdeführers erfüllt
sind, ist eine Frage der Rechtsauslegung und Rechtsfortbildung auf dem
Gebiet des materiellen Strafrechts, deren Beantwortung ebenso wie die
Bestimmung einer schuldangemessenen Strafe in erster Linie Sache der
dafür zuständigen Strafgerichte ist. Das Bundesverfassungsgericht prüft
nur nach, ob dem verfassungsrechtlichen Schuldgrundsatz durch die
Fachgerichte überhaupt Rechnung getragen oder seine Tragweite bei der
Auslegung und Anwendung des Strafrechts grundlegend verkannt worden
ist. Es prüft dagegen nicht, ob die entscheidungserheblichen
Gesichtspunkte in jeder Hinsicht zutreffend und den einfachrechtlichen
Vorgaben entsprechend gewichtet worden sind oder eine andere
Entscheidung näher liegt. Nach diesem Prüfungsmaßstab liegt ein
Grundrechtsverstoß weder in der Bejahung der besagten Mordmerkmale auf
der Tatbestandsseite noch darin, dass auf der Rechtsfolgenseite eine
Strafmilderung unterblieben ist.
weitere Pressemitteilungen
|