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Pressemitteilung Nr. 65/2008 vom 14. Oktober 2008


Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung wegen terroristischer Aktivitäten

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat mit Beschluss vom heutigen Tag in einem Asylrechtsstreit den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) in Luxemburg angerufen und ihm zur Vorabentscheidung Fragen zum Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung nach der Richtlinie 2004/83/EG des Rates der Europäischen Union (Qualifikationsrichtlinie) vorgelegt. Diese Richtlinie dient der Harmonisierung des Flüchtlingsschutzes innerhalb der Europäischen Union.

In dem Verfahren geht es um die Frage, ob der Kläger wegen terroristischer Aktivitäten vor seiner Einreise nach Deutschland von der Anerkennung als Flüchtling und als Asylberechtigter ausgeschlossen ist. Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und hat zwischen 1993 und 1995 in der Türkei den bewaffneten Kampf einer linksextremistischen Organisation (DHKP/C) aktiv unterstützt, die auf der Liste der Terrororganisationen des Rats der Europäischen Union steht und terroristische Methoden anwendet. Nach seiner Festnahme wurde er in der Türkei gefoltert und zweimal zu lebenslanger Haft verurteilt. Nachdem seine Teilnahme an einem Hungerstreik zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt hatte, wurde er 2002 wegen Haftunfähigkeit vorläufig entlassen. Seinen Antrag auf Asyl und Flüchtlingsanerkennung hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgelehnt. Dabei ist es davon ausgegangen, dass der Kläger vor seiner Einreise den Ausschlussgrund einer schweren nichtpolitischen Straftat im Sinne des Art. 12 Abs. 2 der Qualifikationsrichtlinie verwirklicht hat. Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht haben dem Anerkennungsbegehren hingegen stattgegeben. Flüchtlingsschutz und Asyl seien nicht ausgeschlossen. Der Kläger habe jeden Kontakt zu der von ihm unterstützten terroristischen Organisation abgebrochen und sich von deren Zielen distanziert. Damit gehe von ihm keine Gefahr mehr aus, so dass ein Ausschluss bei Abwägung aller Umstände unverhältnismäßig sei.

Auf die Revision des Bundesamts hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts dem EuGH mehrere Fragen zur Auslegung der Ausschlussgründe nach der Qualifikationsrichtlinie vorgelegt. Mit der Vorlage soll zunächst geklärt werden, unter welchen Voraussetzungen bei terroristischen Aktivitäten ein Ausschlussgrund anzunehmen ist. Darüber hinaus dient die Vorlage der Klärung, ob die Gewährung von Asyl nach dem Grundgesetz trotz Vorliegens eines Ausschlussgrundes nach der Qualifikationsrichtlinie mit Gemeinschaftsrecht zu vereinbaren wäre (die Vorlagefragen sind als Anlage beigefügt). Bis zur Entscheidung des Gerichtshofs hat das Bundesverwaltungsgericht das Revisionsverfahren ausgesetzt. Die Vorlagefragen finden Sie in der beigefügten Anlage.

BVerwG 10 C 48.07 - Beschluss vom 14. Oktober 2008


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