Das sogenannte Halbeinkünfteverfahren, nach dem inländische Einkünfte aus Kapitalvermögen nur zur Hälfte der Einkommensteuer unterliegen, ist uneingeschränkt auch auf Einkünfte aus ausländischem Vermögen anzuwenden. Das stellte das FG Berlin-Brandenburg nunmehr mit Urteil vom 18. Juni 2008 (Aktenzeichen 1 K 1286/04 B) klar. Im Streitfall erzielte der Kläger im Jahr 2001 Einkünfte aus ausländischen Investmentfonds und Aktien. Das Finanzamt unterwarf die Einkünfte in voller Höhe der Einkommensteuer, weil nach dem in diesem Jahr noch geltenden § 17 des Auslandinvestmentgesetzes das Halbeinkünfteverfahren darauf nicht anwendbar war. In dieser Rechtslage sahen die Richter des FG Berlin-Brandenburg jedoch einen klaren Verstoß gegen das Verbot der Beschränkung des Kapitalverkehrs zwischen den EU-Mitgliedstaaten sowie zwischen EU-Mitgliedstaaten und Drittländern nach Art. 56 des EG-Vertrages (sogenannte Kapitalverkehrsfreiheit). Wenn Investmenterträge aus anderen EU-Mitgliedstaaten oder aus Drittländern steuerlich weniger günstig behandelt würden als gleichartige inländische Erträge, würden einerseits inländische Steuerpflichtige davon abgehalten, ihr Kapital in ausländischen Gesellschaften anzulegen, andererseits würden ausländische Gesellschaften gehindert, im Inland Kapital zu sammeln. Der Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit war für das Gericht so eindeutig, dass es auf eine Vorlage der Rechtsfrage zum Europäischen Gerichtshof abgesehen hat und in eigener Zuständigkeit entschieden hat, dass § 17 Auslandinvestmentgesetz - der wegen des mittlerweile auch von dem Bundesgesetzgeber erkannten Verstoßes gegen Europarecht inzwischen aufgehoben worden ist - auch im Streitjahr 2001 nicht angewendet werden durfte.
Das Finanzgericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof in München zugelassen.
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