Ein Hotelbetreiber kann aufgrund seines Hausrechts frei darüber entscheiden, wem
er zu seinem Hotel den Zutritt gewährt und wem nicht. Das hat der 1. Zivilsenat des
Brandenburgischen Oberlandesgerichts in einem am heutigen Tag verkündeten Urteil
entschieden.
Der Vorsitzende der NPD Udo Voigt und seine Ehefrau planten einen Aufenthalt in
einem Hotel in Bad Saarow in Brandenburg. Die Ehefrau des Herrn Voigt buchte einen
Aufenthalt in dem Hotel, wo sie sich bereits früher zwei Mal aufgehalten hatten.
Nachdem der Reiseveranstalter dem Ehepaar die Buchung bestätigt hatte, teilte er
mit E-Mail vom 19.11.2009 mit, dass eine Unterbringung im gebuchten Hotel nicht
möglich sei und bot dem Ehepaar verschiedene Alternativunterkünfte oder eine kostenfreie
Stornierung an. Mit Schreiben vom 23.11.2009 erteilte der Hotelbetreiber
Herrn Voigt wegen dessen politischen Überzeugungen ein Hausverbot.
Dagegen erhob Herr Voigt Klage mit dem Ziel, dass der Hotelbetreiber sein Hausverbot
widerrufen sollte. Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat seine Klage mit Urteil
vom 22.6.2010 abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung hat der 1. Zivilsenat
des Brandenburgischen Oberlandesgerichts zurückgewiesen.
Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, ein Hotelbetreiber öffne seinen Betrieb
zwar grundsätzlich für den allgemeinen Publikumsverkehr. Dies führe jedoch nicht
dazu, dass er nicht dennoch selbst entscheiden könne, wen er beherbergen wolle.
Für ein Hausverbot müsse wegen des damit verbundenen Eingriffs in die Grundrechte
des Gastes allerdings ein sachlicher Grund vorliegen. Dieser sei hier angesichts
der politischen Überzeugung des Herrn Voigt gegeben.
Der Hotelbetreiber dürfe annehmen, dass sich andere Gäste durch die Anwesenheit
des Herrn Voigt provoziert fühlten. Er sei als Vorsitzender der NPD in exponierter
Stellung für eine Partei mit extremen politischen Überzeugungen tätig. Diese Überzeugungen
hätten in der Gesellschaft stark polarisierende Wirkung. Die Besorgnis
des Hotelbetreibers, andere Gäste könnten sich durch die Anwesenheit des Herrn
Voigt gestört fühlen, sei daher gerechtfertigt.
Herr Voigt könne sich demgegenüber nicht mit Erfolg auf die Grundrechte der freien
Meinungsäußerung und der Gleichbehandlung berufen. Denn der Hotelbetreiber sei
als privater Unternehmer – anders als der Staat – nicht zur Gleichbehandlung aller
potentiellen Gäste verpflichtet. Er habe vielmehr eigene Freiheitsrechte, die es ihm
erlaubten, sein Handeln frei zu gestalten, ohne hierfür rechenschaftspflichtig zu sein.
Dass sich bei früheren Aufenthalten des Herrn Voigt keine Gäste beschwert hätten,
ändere daran nichts.
Durch dieses Hausverbot werde Herr Voigt auch nicht aus einem Teilbereich des
öffentlichen Lebens ausgegrenzt. Denn das Hotel sei von derart gehobenem Niveau,
dass nicht angenommen werden könne, dass die essentiellen Lebensbedürfnisse
des Herrn Voigt dadurch berührt würden. Er könne auch auf ein anderes Hotel in der
Region ausweichen.
Schließlich stünden dem erteilten Hausverbot auch nicht das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz
(AGG) bzw. entsprechende EU-Richtlinien entgegen, da die Weltanschauung
nur in Bezug auf Beschäftigung und Beruf, nicht aber im allgemeinen
zivilrechtlichen Bereich mit einem besonderen Diskriminierungsverbot versehen sei.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Oberlandesgericht hat die Revision zum
Bundesgerichtshof zugelassen.
Brandenburg, den 18. April 2011 (Urteil vom 18.4.2011, 1 U 4/10)
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