Nach dem bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Bundeserziehungsgeldgesetz
(BErzGG) konnte zuletzt ein Erziehungsgeld von 300 € monatlich bis zum
24. Lebensmonat des Kindes gewährt werden, auf das nach den
festgesetzten Einkommensgrenzen jedoch Eltern mit höherem Einkommen
keinen Anspruch hatten. Dagegen gewährt das am 1. Januar 2007 in Kraft
getretene Bundeselterngeldgesetz (BEEG) bis zur Vollendung des 12. bzw.
des 14. Lebensmonats des Kindes ein Elterngeld, dessen Höhe sich nach
dem durchschnittlichen Einkommen des berechtigten Elternteils der
letzten zwölf Monate richtet und von mindestens 300 € bis zu 1.800 €
monatlich reichen kann. Somit brachte das neue Gesetz Verbesserungen für
besser verdienende Eltern, die zuvor keinen Zugang zum Erziehungsgeld
hatten, aber wegen des kürzeren Bezugszeitraums auch Verschlechterungen
insbesondere für Eltern mit geringem oder keinem Einkommen. Nach der
Stichtagsregelung des § 27 Abs. 1 BEEG haben Anspruch auf Elterngeld nur
Eltern, deren Kind nach dem 31. Dezember 2006 geboren oder zur Adoption
aufgenommen worden ist. Für die vorher geborenen bzw. adoptierten Kinder
gelten die Erziehungsgeldregelungen fort.
Die Beschwerdeführerinnen, deren Kinder jeweils kurz vor dem Stichtag
geboren wurden und die aufgrund eines zu hohen Ehegatteneinkommens
keinen Anspruch auf Erziehungsgeld haben, halten die Stichtagsregelung
für verfassungswidrig, insbesondere weil der Gesetzgeber keine
Übergansregelung eingeführt habe, die ihnen einen Anspruch auf
Elterngeld einräume.
Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die
Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen, da die
Annahmevoraussetzungen nicht vorliegen. Die Beschwerdeführerinnen sind
insbesondere nicht in ihren Verfassungsrechten verletzt.
Den Entscheidungen liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:
Die Stichtagsregelung, die zwischen Eltern, deren Kind ab dem 1. Januar
2007 geboren ist, und Eltern, deren Kind vor diesem Zeitpunkt geboren
ist, unterscheidet, verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz
(Art. 3 Abs. 1 GG). Der Gesetzgeber ist frei, auf der Grundlage
sachlicher Überlegungen Stichtagsregelungen einzuführen, obwohl jeder
Stichtag unvermeidbar gewisse Härten mit sich bringt. Für den vom
Gesetzgeber eingeführten Systemwechsel vom Erziehungsgeld zum Elterngeld
musste ein Anknüpfungspunkt bestimmt werden. Die zeitliche und sachliche
Anknüpfung des gesetzlichen Leistungsanspruchs an den Tag der Geburt
eines Kindes ist sachlich begründet. Denn der Tag der Geburt fällt in
aller Regel mit dem Beginn der Lebens- und Erziehungsfähigkeit und des
Betreuungsbedarfs eines Kindes zusammen.
Die durch die Stichtagsregelung bewirkte Ungleichbehandlung verstößt
auch nicht gegen den Gleichheitssatz in Verbindung mit der Pflicht des
Staates zum Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG). Diese
garantiert zwar den Eltern die Freiheit, über die Gestaltung des
familiären Zusammenlebens und die Form der Kinderbetreuung selbst zu
entscheiden, und verpflichtet den Staat, die Kinderbetreuung in der von
den Eltern gewählten Form zu ermöglichen und zu fördern. Ob die Eltern
eines vor dem 1. Januar 2007 geborenen Kindes in dieser Freiheit durch
die Stichtagsregelung nachteilig betroffen sind, kann jedoch hier
dahinstehen, da ihre Ungleichbehandlung auch erhöhten
Rechtfertigungsanforderungen genügt.
Zum einen lässt die Stichtagsregelung auch Eltern, deren Kind vor dem
1. Januar 2007 geboren ist, nicht ohne jeden Schutz, da insoweit die
Erziehungsgeldregelungen fortgelten, die als solche den Anforderungen
des Art. 6 Abs. 1 GG genügen, auch wenn die Beschwerdeführerinnen
aufgrund der Einkommensgrenzen danach nicht anspruchsberechtigt sind.
Zum anderen durfte der Gesetzgeber von einer Übergangsregelung mit Blick
auf den dadurch zu erwartenden Verwaltungsmehraufwand Abstand nehmen. So
kann die Anwendung der früheren Regelungen zum Erziehungsgeld wegen
dessen längerer Bezugsdauer im Einzelfall vorteilhaft gegenüber der
Anwendung der Elterngeldregelungen sein. Aus Vertrauensschutzgründen
hätte es daher bei einer Übergangsregelung möglicherweise der Ermittlung
und Anwendung des im Einzelfall vorteilhafteren Leistungssystems
bedurft. Das Bestreben, den damit verbundenen erheblichen
Verwaltungsaufwand zu vermeiden, stellt eine hinreichende Rechtfertigung
für die Stichtagsregelung dar, zumal Eltern, deren Kinder vor dem 1.
Januar 2007 geboren wurden, dadurch im Vergleich zur früheren Rechtslage
keinen Nachteil erleiden, sondern gegebenenfalls Erziehungsgeld nach
eben dieser Rechtslage erhalten.
Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zwischen leiblichen Eltern
und Adoptiveltern liegt ebenfalls nicht vor, da es sachlich
gerechtfertigt ist, bei Adoptivkindern nicht auf den Zeitpunkt der
Geburt, sondern auf den des familiären Zusammenlebens abzustellen.
weitere Pressemitteilungen
|