Der mehrfach vorbestrafte Beschwerdeführer wurde im Jahr 2003 zu einer
Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Außerdem ordnete das Gericht
seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung an. Im Juni 2011 setzte
das Oberlandesgericht die Unterbringung mit Wirkung zum 2. November 2011
zur Bewährung aus, weil es die nach dem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 zu stellenden Anforderungen an
die Gefahrenprognose nicht mehr als erfüllt ansah.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer insbesondere
eine Verletzung seines Freiheitsgrundrechts. Er ist der Auffassung, dass
nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die
Unterbringung in der Sicherungsverwahrung mit sofortiger Wirkung für
erledigt zu erklären und nicht nur zur Bewährung auszusetzen sei.
Die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die
Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, weil die
Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen, der Beschwerdeführer
insbesondere nicht in seinen verfassungsmäßigen Rechten verletzt ist.
Nach der vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 4. Mai 2011
getroffenen Übergangsregelung musste die im Fall des Beschwerdeführers
verhängte Sicherungsverwahrung nicht mit sofortiger Wirkung für erledigt
erklärt werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 4. Mai 2011
angeordnet, dass die für verfassungswidrig erklärten Vorschriften über
die Anordnung und Dauer der Sicherungsverwahrung unter bestimmten
Voraussetzungen für eine Übergangszeit anwendbar bleiben und dabei
zwischen zwei Fallgestaltungen unterschieden: In den Fällen der
nachträglichen Verlängerung bzw. nachträglichen Anordnung der
Sicherungsverwahrung, in denen die Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung auf Vorschriften beruht, die nicht nur gegen das
Abstandsgebot verstoßen, sondern auch das Vertrauensschutzgebot
verletzen, darf die Fortdauer der Sicherungsverwahrung nur noch unter
Wahrung strikter Verhältnismäßigkeitsanforderungen angeordnet werden.
Halten die zuständigen Gerichte diese Voraussetzungen im Zeitpunkt der
Entscheidung nicht für gegeben, haben sie die unverzügliche Entlassung
der Betroffenen anzuordnen. Eine zeitlich befristete Fortdauer der
Unterbringung zum Zweck der Durchführung von Entlassungsvorbereitungen
kommt nicht in Betracht. Dies hat die Kammer in ihrem Beschluss vom 15.
September 2011 (vgl. Pressemitteilung Nr. 61/2011 vom 6. Oktober 2011)
nochmals ausdrücklich klargestellt.
Anders verhält es sich dagegen in den Fällen der primären
Sicherungsverwahrung, in denen - wie auch im Fall des Beschwerdeführers
- die Rechtsgrundlage der Unterbringung „nur“ wegen Verstoßes gegen das
Abstandsgebot für verfassungswidrig erklärt wurde. Ist ein dauerhafter
weiterer Vollzug der Sicherungsverwahrung in diesen Fällen
unverhältnismäßig, muss die Unterbringung nicht zwingend für erledigt
erklärt werden. Es ist nach der Übergangsregelung nicht zu beanstanden,
wenn die Gerichte - als Konkretisierung der gebotenen umfassenden
Verhältnismäßigkeitskontrolle - die Freilassung des Untergebrachten
lediglich auf der Grundlage einer Aussetzung zur Bewährung anordnen.
Auch die zeitlich befristete Fortdauer der Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung zur Gewährleistung einer erfolgreichen sozialen
Wiedereingliederung ist nach Maßgabe der Verhältnismäßigkeit zulässig.
Der vom Oberlandesgericht vorliegend bestimmte Zeitraum von fünf Monaten
für die Durchführung der erforderlichen Entlassungsvorbereitungen
erscheint angesichts der mehr als sechsjährigen Dauer der Unterbringung
des Beschwerdeführers in der Sicherungsverwahrung, zuzüglich einer
vorher vollstreckten zweijährigen Freiheitsstrafe, angemessen. Er trägt
dem Gewicht des Freiheitsanspruchs des Beschwerdeführers hinreichend
Rechnung.
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