Das Elterngeld ist gesetzlich als Einkommensersatz ausgestaltet. Es wird
in Höhe von 67 % des in den zwölf Monaten vor dem Monat der Geburt des
Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus
Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 € monatlich für
volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein
Erwerbseinkommen erzielt. Die Beschwerdeführerin widmet sich der
Erziehung ihrer fünf Kinder, während ihr Ehemann erwerbstätig ist. Für
ihr 2007 geborenes Kind wurde ihr Elterngeld lediglich in Höhe des
Mindestbetrages in Höhe von 300 € gewährt. Ihre Klage auf Gewährung von
Elterngeld in Höhe des Maximalbetrages von 1.800 € blieb bis zum
Bundessozialgericht erfolglos. Die Beschwerdeführerin sieht sich
hierdurch in ihren Grundrechten auf Gleichheit sowie auf Schutz und
Förderung von Ehe und Familie verletzt. Durch die Ausgestaltung des
Elterngelds als Entgeltersatzleistung würden die Eltern, die vor der
Geburt kein Erwerbseinkommen erwirtschaftet hätten, benachteiligt und
Mehrkindfamilien, in denen realistisch nur ein Elternteil berufstätig
sein könne, diskriminiert.
Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die
Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, da die
Annahmevoraussetzungen nicht vorliegen. Die Beschwerdeführerin ist
insbesondere nicht in ihren Grundrechten verletzt.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:
1. Die Gestaltung des Elterngelds als steuerfinanzierte
Einkommensersatzleistung verstößt nicht gegen den allgemeinen
Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die gesetzgeberische Entscheidung,
bei der Bemessung des Elterngelds an das bisherige Erwerbseinkommen
anzuknüpfen, beruht auf Sachgründen, die hinreichend gewichtig sind, um
die damit einhergehende Ungleichbehandlung grundrechtlich zu
rechtfertigen.
Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber insbesondere darauf
reagieren, dass Männer und Frauen sich immer später und seltener für
Kinder entscheiden. Das Elterngeld soll die Entscheidung für eine
Verbindung von Beruf und Familie gegenüber einem Verzicht auf Kinder
begünstigen und will daher Einkommensunterschiede zwischen kinderlosen
Paaren und Paaren mit Kindern abmildern. Dabei fördert das Elterngeld
schwerpunktmäßig Erziehende mit kleinen und mittleren Einkommen, wie sie
meist am Beginn der Berufstätigkeit erwirtschaftet werden. So erhalten
Eltern mit geringeren Einkommen relativ eine höhere Kompensation des
Erwerbsausfalls als Eltern mit hohem Einkommen, weil das Elterngeld auf
1.800 € beschränkt ist. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden, dass der Gesetzgeber bei jüngeren Berufstätigen spezifische
Hindernisse für die Familiengründung ausmacht und darum gerade hier
Anreize für die Familiengründung setzt, auch wenn er darauf verzichtet
hat, einen sozialen Ausgleich vorzunehmen. Die mit der
einkommensbezogenen Differenzierung der Höhe des Elterngelds
einhergehende Ungleichbehandlung ist angesichts der gesetzlichen
Zielsetzung verfassungsrechtlich hinzunehmen, zumal die Regelung auch
Eltern ohne vorgeburtliches Einkommen nicht gänzlich ohne Förderung
lässt.
Zudem ist die Gestaltung des Elterngelds als Einkommensersatz im
Hinblick auf den aus Art. 3 Abs. 2 GG folgenden verfassungsrechtlichen
Auftrag des Gesetzgebers gerechtfertigt, die Gleichberechtigung der
Geschlechter in der gesellschaftlichen Wirklichkeit durchzusetzen und
überkommene Rollenverteilungen zu überwinden. Nicht nur mit der
Einführung der sogenannten Vätermonate (vgl. Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts vom 19. August 2011 - 1 BvL 15/11 -,
Pressemitteilung Nr. 59/2011 vom 14. September 2011), sondern auch mit
der Gestaltung des Elterngelds als Einkommensersatz soll die
partnerschaftliche Teilhabe beider Eltern an Erziehungs- und
Betreuungsaufgaben gestärkt werden. Die Annahme des Gesetzgebers,
dadurch könnten auch Väter zur Wahrnehmung von Erziehungsverantwortung
ermutigt werden, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach
Angaben des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl der Väter, die
Elternzeit und Elterngeld in Anspruch nehmen, seit der Einführung des
Elterngelds bis 2009 von 15,4 % auf 23,9 % gestiegen.
2. Die Beschwerdeführerin wird auch nicht in ihrem Grundrecht auf
Förderung der Familie aus Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG verletzt, da die
gesetzgeberische Entscheidung, das Elterngeld nach dem bisherigen
Erwerbseinkommen zu bemessen, von legitimen Zwecken getragen wird und
der Gesetzgeber den ihm im Rahmen der Familienförderung zukommenden
weiten Gestaltungsspielraum nicht überschritten hat.
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