Der vorrangig verfolgte Zweck, einen als Teil der Grenzanlagen der DDR angelegten Kolonnenweg entlang der früheren innerdeutschen Grenze als Wander- und Radweg im Rahmen des an die deutsche Teilung erinnernden Konzepts "Grünes Band" rechtlich abzusichern, rechtfertigt nicht die Anordnung einer Flurbereinigung. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Den Klägerinnen gehören Grundstücke, über die der ehemalige Kolonnenweg verläuft. Die Alteigentümer hatten die entsprechenden Flächen nach der Wiedervereinigung auf der Grundlage des Mauergesetzes von der Bundesrepublik Deutschland zurückerworben, ohne dass der Bund von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hatte, den Rückerwerb aus Gründen des öffentlichen Interesses abzulehnen. Im Jahre 2007 ordnete der Freistaat Thüringen für diese und andere Grundstücke an der früheren innerdeutschen Grenze ein vereinfachtes Flurbereinigungsverfahren an, in dem die Eigentumsverhältnisse neu geordnet werden sollten. Die Flächen des ehemaligen Kolonnenwegs seien in Gemeindeeigentum zu überführen, um den Weg als Bestandteil des "Grünen Bandes", als Anlage zur Erschließung landwirtschaftlicher Grundstücke und als Ortsumfahrung für den landwirtschaftlichen Verkehr zu sichern. Die gegen diese Anordnung gerichteten Klagen hatten vor dem Flurbereinigungsgericht Erfolg.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Urteile des Flurbereinigungsgerichts bestätigt: Ein vereinfachtes Flurbereinigungsverfahren darf - anders als die Unternehmensflurbereinigung, aber ebenso wie die Regelflurbereinigung - nur angeordnet werden, wenn es in erster Linie privatnützigen Zwecken dient, hinter denen fremdnützige Zwecke im Konfliktfall zurücktreten. Der bei der angefochtenen Verfahrensanordnung vornehmlich verfolgte Zweck, die für die Umsetzung des Konzepts "Grünes Band" benötigten Flächen aus privater Hand zu beschaffen, liegt dagegen nicht im privaten, sondern im öffentlichen Interesse.
Der Beklagte kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, der Erhalt des ehemaligen Kolonnenwegs diene zugleich dem Interesse der Teilnehmer der Flurbereinigung, weil er zur Erschließung landwirtschaftlicher Flächen benötigt werde. Nach den bindenden Feststellungen des Flurbereinigungsgerichts sind die Grundstücke im Verfahrensgebiet nämlich auch ohne diesen Weg ausreichend erschlossen. Der Flurbereinigungsbeschluss ließ sich auch nicht durch das Ziel rechtfertigen, landwirtschaftlichen Betrieben mit Sitz und Nutzflächen außerhalb des Verfahrensgebiets eine Möglichkeit zur Ortsumfahrung zu eröffnen.
BVerwG 9 C 1.10 und 2.10 - Urteile vom 13. April 2011 -
Vorinstanzen:
BVerwG 9 C 1.10: OVG Weimar 7 F 671/07 - Urteil vom 20. Oktober 2009 -
BVerwG 9 C 2.10: OVG Weimar 7 F 762/07 - Urteil vom 20. Oktober 2009 -
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