Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Kosten aus Amtspflichtverletzungen im Wege der Umlage von den von ihr beaufsichtigten Finanzinstituten fordern kann. Dem stehen weder das Gesetz über die Bundesanstalt (FinDAG) und die dazu ergangene Kostenverordnung noch Verfassungsrecht entgegen.
Die Klägerin, ein Finanzdienstleistungsinstitut, unterliegt der Aufsicht der beklagten BaFin. Sie wurde im Jahr 2008 von der Beklagten mit drei Vorauszahlungsbescheiden zur Umlage für 2009 herangezogen. Mit der Umlage finanziert die BaFin die Kosten ihrer Aufsichtsführung. In die Umlage rechnete sie auch den Schadensersatz ein, den sie einem ehemaligen Vorstand eines Kreditinstituts schuldet, dessen vorzeitige Entlassung sie zu Unrecht verlangt hatte. Hiergegen wandte sich die Klägerin.
Die Klagen blieben auch in der Revisionsinstanz ohne Erfolg. Wie das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, umfasst der Kostenbegriff des FinDAG auch haushaltsmäßig veranschlagte Zahlungen wegen Amtspflichtverletzungen, soweit sie - wie hier - im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung der BaFin entstanden sind. Art. 34 Satz 1 GG, wonach der Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst der fehlerhaft handelnde Amtswalter steht, grundsätzlich für Ansprüche aus Amtspflichtverletzung haftet, gebietet keine andere Auslegung. Denn Zweck des Art. 34 Satz 1 GG ist es, dem Geschädigten einen liquiden Schuldner zu verschaffen, nicht aber generell eine Einstandspflicht für den Staat aus Amtshaftung zu begründen, die der Refinanzierung im Wege einer Umlage nicht zugänglich wäre. Auch aus dem Recht der Finanzverfassung kann die Klägerin nichts für sich herleiten. Zwar müssen die Kosten der Verwaltungsführung grundsätzlich aus Steuern und dürfen nur ausnahmsweise aus Umlagen aufgebracht werden. Die besonderen Rechtfertigungsanforderungen für derartige Sonderabgaben sind hier aber erfüllt. Die Amtshandlung, die zur Schadensersatzpflicht der BaFin führte, diente der Wahrnehmung ihrer Aufgaben, denen die homogene Gruppe der beaufsichtigten Unternehmen und Institute signifikant näher steht als der allgemeine Steuerzahler. Der Umstand, dass die Finanzdienstleistungsunternehmen einer staatlichen Aufsicht unterliegen, erhöht das allgemeine Vertrauen in die Funktionsfähigkeit und Lauterkeit des Kredit-, Versicherungs- und Wertpapiermarkts, wovon die Unternehmen ihrerseits profitieren. Zu den Kosten, die aus dieser Aufsichtsführung entstehen, gehören auch Aufwendungen für Ersatzpflichten. Das Aufkommen aus der Umlage wird auch insoweit gruppennützig verwendet. Es kommt hierfür nicht darauf an, ob die beaufsichtigten Institute aus der einzelnen Aufsichtsmaßnahme einen Vorteil haben. Entscheidend ist, ob es sich um Kosten handelt, die durch die Aufsichtsführung verursacht wurden.
BVerwG 8 C 20.10 - Urteil vom 23. November 2011
Vorinstanzen:
VG Frankfurt am Main, 1 K 1059/10.F - Urteil vom 30. September 2010 -
VG Frankfurt am Main, 1 K 1060/10.F - Urteil vom 30. September 2010 -
VG Frankfurt am Main, 1 K 1061/10.F - Urteil vom 30. September 2010 -
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