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Pressemitteilung Nr. 7/2011 vom 27. Mai 2011


Dozententätigkeit im Besucherdienst des Bundestages umsatzsteuerpflichtig

Die Tätigkeit als freier Mitarbeiter bei dem Besucherdienst des Deutschen Bundestages ist nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. Januar 2011 (Aktenzeichen 7 K 7122/08) eine umsatzsteuerpflichtige Leistung. Im Streitfall ging es um einen auf Honorarbasis tätigen Dozenten, der Besuchergruppen des Deutschen Bundestages – in erster Linie Schüler, aber auch Angehörige der Bundeswehr, Lehrer und andere Ausbilder sowie Multiplikatoren im Bereich der politischen Bildung – über dessen Funktion, Struktur und Arbeitsweise sowie über die demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse informierte. Der Kläger hatte u.a. geltend gemacht, dass er kein selbstständiger Unternehmer, sondern in abhängiger Stellung tätig gewesen sei. Er berief sich dafür auf eine Entscheidung des Sozialgerichts Berlin, nach der Honorarkräfte im Besucherdienst des Deutschen Bundesrates sozialversicherungspflichtig seien. Die Richter des Finanzgerichts sahen den Kläger demgegenüber als Unternehmer an, weil er keinen Anspruch auf Sozialleistungen gehabt habe, sondern allein auf Honorarbasis und somit auf eigenes Risiko tätig geworden sei. Eine möglicherweise entgegenstehende arbeits- und sozialrechtliche Beurteilung sei für die steuerrechtliche Wertung nicht bindend. Zudem sei der Kläger nicht weisungsgebunden gewesen. Soweit es Vorgaben für seine Tätigkeit gegeben habe, seien diese lediglich ganz allgemein thematischer und methodischer Art gewesen; letztlich sei der Kläger aber als eigenverantwortlicher Dozent tätig geworden.

Auch die Umsatzsteuerbefreiungstatbestände, auf die der Kläger sich ergänzend berufen hatte, insbesondere die Befreiung für private Schulen und ähnliche Einrichtungen sowie die Befreiung für selbständige Lehrer an Hochschulen oder privaten Schulen, sah das Finanzgericht nicht als erfüllt an, weil weder der Kläger selbst noch der Deutsche Bundestag über eine Bescheinigung verfügten, die sie als eine solchermaßen begünstigte Bildungseinrichtung auswies. Ebensowenig war die Umsatzsteuerfreiheit nach Auffassung des Finanzgerichts aus europarechtlichen Vorgaben herzuleiten. Auf diese kann ein Steuerpflichtiger sich zwar berufen, wenn die entsprechenden Regelungen nicht in das nationale Recht übernommen worden sind. Das Finanzgericht sah die einschlägigen Tatbestände jedoch ebenfalls nicht als erfüllt an. Von der Umsatzsteuer zu befreien sind u.a. die Tätigkeit von Privatlehrern, jedoch sei der Kläger den Besuchern des Deutschen Bundestages nicht aufgrund eigener Rechts- und Leistungsbeziehungen gegenübergetreten, sondern sei lediglich im Rahmen der vom Besucherdienst des Bundestages durchgeführten Aus- und Fortbildungsveranstaltungen tätig geworden.

Der Kläger hat gegen das Urteil Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof in München eingelegt (Aktenzeichen V B 22/11).


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