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Bundesverfassungsgericht - Pressestelle
Pressemitteilung Nr. 15/2013 vom 5. März 2013
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Anträge der NPD gegen Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung erfolglos
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Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat einen Antrag der
Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) auf Feststellung, dass
sie nicht verfassungswidrig sei, mit einem heute veröffentlichten
Beschluss verworfen. Für die begehrte Feststellung sieht das
Bundesverfassungsgerichtsgesetz kein Verfahren vor. Eine
Rechtsschutzlücke ist damit auch insoweit nicht verbunden, als die NPD
geltend macht, die laufende Verbotsdebatte wirke sich wie ein faktisches
Parteiverbot aus. Staatliche Stellen sind nicht gehindert, das Für und
Wider eines Parteiverbotsverfahrens mit der gebotenen Sachlichkeit zur
Debatte zu stellen. Ebenfalls verworfen hat der Zweite Senat des
Bundesverfassungsgerichts den Hilfsantrag der NPD auf Feststellung, dass
der Deutsche Bundestag, der Bundesrat und die Bundesregierung die
parteibezogenen Rechte der NPD durch die fortwährende Behauptung ihrer
Verfassungswidrigkeit verletzten.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen die folgenden Erwägungen
zugrunde:
1. Der Hauptantrag ist unzulässig. Das Bundesverfassungsgerichtsgesetz
sieht nicht vor, dass eine Partei das Bundesverfassungsgericht zur
Feststellung ihrer Verfassungsmäßigkeit anrufen kann.
a) Politische Parteien sind, solange das Bundesverfassungsgericht nicht
ihre Verfassungswidrigkeit festgestellt hat, in der Wahrnehmung ihrer
Rechte frei. Wird ihre Berechtigung dazu bestritten, steht ihnen der
Rechtsweg offen. Der Einwand der Antragstellerin, eine als
verfassungsfeindlich gebrandmarkte Partei sei überfordert, in jedem
Einzelfall um Rechtsschutz nachzusuchen, und dieser erweise sich zudem
nicht selten als ineffektiv, zeigt kein strukturelles
Rechtsschutzdefizit auf. Die Antragstellerin benennt lediglich
praktische Probleme, die erkennbar mit zumutbarem Aufwand zu bewältigen
sind.
b) Ein Rechtsschutzdefizit ist auch nicht ersichtlich, soweit die
Antragstellerin geltend macht, die von ihr unter dem Begriff
„Verbotsdebatte“ zusammengefassten Äußerungen und die sonstigen gegen
sie gerichteten Maßnahmen wirkten sich wie ein Verbot aus.
aa) Politische Parteien müssen sich entsprechend ihrer Aufgabe, bei der
politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken, der öffentlichen
Auseinandersetzung stellen. Teil der öffentlichen Auseinandersetzung
sind Äußerungen zur Einschätzung einer politischen Partei als
verfassungsfeindlich, sofern sie sich im Rahmen von Recht und Gesetz
halten. Solchen Äußerungen kann und muss die betroffene Partei mit den
Mitteln des Meinungskampfes begegnen.
Soweit staatliche Stellen die politische Auseinandersetzung führen,
müssen sie die Grenzen beachten, die ihnen von Verfassungs wegen gesetzt
sind und deren Einhaltung gerichtlicher Überprüfung unterliegt. Dies
gilt auch für die öffentliche Erörterung, ob gegen eine Partei ein
Verbotsverfahren eingeleitet wird. Eine Verletzung der Rechte aus Art.
21 Abs. 1 GG kommt in diesem Fall allerdings dann in Betracht, wenn
erkennbar wird, dass eine solche Debatte nicht entscheidungsorientiert,
sondern mit dem Ziel der Benachteiligung der betroffenen Partei geführt
wird.
bb) Den politischen Parteien und ihren Mitgliedern stehen zudem
gerichtliche Wege offen, um dem Vorwurf der Verfassungsfeindlichkeit zu
begegnen. Die Antragstellerin verkennt durchaus nicht, dass die
Verfassungsmäßigkeit einer politischen Partei Gegenstand gerichtlicher
Beurteilung sein kann und ist. Wenn sie aus Misserfolgen in
entsprechenden fachgerichtlichen Verfahren schließt, es bestehe eine
Rechtsschutzlücke, ist diese Schlussfolgerung nicht nachvollziehbar.
cc) Aus diesen Gründen ist es auch nicht zu beanstanden, dass die
Antragsgegner kein Verfahren auf Feststellung der Verfassungskonformität
in das Bundesverfassungsgerichtsgesetz aufgenommen haben.
2. Der Hilfsantrag ist als Organklage statthaft, so, wie er begründet
worden ist, aber unzulässig. Es fehlt an ausreichendem Vortrag, dass die
Antragstellerin durch Maßnahmen oder Unterlassungen der Antragsgegner in
ihrem Parteistatus verletzt oder unmittelbar gefährdet ist. Die
Antragstellerin zitiert Aussagen von Ministerpräsidenten,
Landesinnenministern, einzelnen Bundestagsabgeordneten und einer
Bundesministerin. Es ist jedoch nicht erkennbar, dass die Genannten sich
für einen der Antragsgegner äußern wollten. Auch Maßnahmen einer
Bundesministerin - wie etwa die Förderung von Programmen gegen
Rechtsextremismus - können nicht ohne weiteres der Bundesregierung als
Kollegialorgan zugerechnet werden.
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