Wenn ein Mitglied des Bundesverfassungsgerichts an einer unanfechtbaren
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts beteiligt war und diese
dennoch unzulässig vor einem Fachgericht angefochten wird, kann es im
Verfassungsbeschwerdeverfahren gegen die fachgerichtliche
Prozessentscheidung mitwirken. Dies hat der Erste Senat des
Bundesverfassungsgerichts in einem heute veröffentlichten Beschluss
entschieden.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen die folgenden Erwägungen
zugrunde:
1. Die 2. Kammer des Ersten Senats hatte - unter Mitwirkung der Richter
Gaier und Paulus sowie der Richterin Britz - gegen den Beschwerdeführer
in drei Verfassungsbeschwerdeverfahren Missbrauchsgebühren festgesetzt.
Hiergegen wandte sich der Beschwerdeführer mit Klagen vor dem
Verwaltungsgericht. Dieses wies seine Klagen als unzulässig ab, weil der
Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet sei. Die Verwaltungsgerichte könnten
Entscheidungen über Verfassungsbeschwerden nicht überprüfen oder gar
aufheben. Die dagegen vom Beschwerdeführer gestellten Anträge auf
Zulassung der Berufung hatten beim Verwaltungsgerichtshof aus demselben
Grund keinen Erfolg.
2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer
gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des
Verwaltungsgerichtshofs; er hält die Rechtsgrundlage für die
Missbrauchsgebühr und deren Festsetzung gegen ihn für verfassungswidrig.
3. Die Richter Gaier und Paulus sowie die Richterin Britz sind von der
Mitwirkung an der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde nicht
ausgeschlossen. Das gilt auch für die Entscheidung über ihre
Mitwirkungsbefugnis selbst.
a) Der Senat hat von Amts wegen über seine ordnungsgemäße Besetzung zu
befinden. Das schließt die Entscheidung über einen kraft Gesetzes
greifenden Mitwirkungsausschluss nach § 18 BVerfGG ein.
b) Das Tatbestandsmerkmal „derselben Sache“ in § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG
ist stets in einem konkreten, strikt verfahrensbezogenen Sinne zu
verstehen. Die richterliche Vorbefassung mit einer Sache führt nur dann
zum Ausschluss, wenn sie in einem früheren Rechtszug erfolgt ist und
eine Mitwirkung an der aktuell mit der Verfassungsbeschwerde
angefochtenen Entscheidung zum Inhalt hat.
Nicht mehr eine Tätigkeit in „derselben Sache“ ist - zumindest in
verfassungsgerichtlichen Verfahren - auch die Mitwirkung an solchen
Entscheidungen, die endgültig ein Verfahren abschließen und gegen die
Rechtsmittel unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt gegeben sind. Gegen
abschließende Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts können nicht
- entgegen dem Prozessrecht - Rechtsbehelfe bei anderen Gerichten
eingelegt werden, um gegen diese dann unter Mitwirkungsausschluss der
zuvor befassten Richterinnen und Richter eine neue Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts herbeizuführen.
c) Auch die durch eine Kammer des Bundesverfassungsgerichts festgesetzte
Missbrauchsgebühr ist unanfechtbar und kann deswegen nicht Gegenstand
einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sein. Eine Vorbefassung mit
„derselben Sache“ im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG in einem
weiteren Verfahren ist damit von vornherein ausgeschlossen.
d) Die genannten Richter können auch an der Entscheidung über die Frage
des Mitwirkungsausschlusses mitwirken. Die offensichtlich unzulässigen
Klagen zum Verwaltungsgericht bilden völlig eigenständige, neue
Verfahrensgegenstände und sind von vornherein nicht geeignet, einen
Mitwirkungsausschluss zu begründen.
4. Im Übrigen liegen Gründe für die Annahme der Verfassungsbeschwerde
zur Entscheidung nicht vor.
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