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Bundesverfassungsgericht - Pressestelle
Pressemitteilung Nr. 31/2013 vom 24. April 2013
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Antiterrordatei ist in ihren Grundstrukturen mit dem Grundgesetz vereinbar, nicht jedoch in ihrer Ausgestaltung im Einzelnen
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Die Antiterrordatei ist in ihren Grundstrukturen verfassungsgemäß.
Jedoch genügt sie hinsichtlich ihrer Ausgestaltung im Einzelnen den
verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht. Dies hat der Erste Senat des
Bundesverfassungsgerichts in einem heute verkündeten Urteil entschieden.
Bis zu einer Neuregelung, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2014,
dürfen die verfassungswidrigen Vorschriften unter Maßgaben weiter
angewendet werden.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen die folgenden Erwägungen
zugrunde:
1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen das Gesetz zur Errichtung
einer standardisierten zentralen Antiterrordatei von Polizeibehörden und
Nachrichtendiensten von Bund und Ländern (Antiterrordateigesetz ATDG).
2. Die Verfassungsbeschwerde gibt keinen Anlass für ein
Vorabentscheidungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof.
Unzweifelhaft stellen das Antiterrordateigesetz und die Tätigkeit auf
dessen Grundlage keine Durchführung des Rechts der Union im Sinne des
Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Grundrechtecharta der Europäischen Union dar.
Das Antiterrordateigesetz verfolgt innerstaatlich bestimmte Ziele, die
das Funktionieren der unionsrechtlich geordneten Rechtsbeziehungen nur
mittelbar beeinflussen können. Die europäischen Grundrechte sind daher
von vornherein nicht anwendbar, und der Europäische Gerichtshof ist
insoweit nicht gesetzlicher Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2
GG. Nichts anderes kann sich aus der Entscheidung des Europäischen
Gerichtshofs in der Rechtssache Ĺkerberg Fransson (Urteil vom 26.
Februar 2013, C-617/10) ergeben. Im Sinne eines kooperativen
Miteinanders darf dieser Entscheidung keine Lesart unterlegt werden,
nach der diese offensichtlich als Ultra-vires-Akt zu beurteilen wäre
oder Schutz und Durchsetzung der mitgliedstaatlichen Grundrechte in
einer Weise gefährdete, dass dies die Identität der durch das
Grundgesetz errichteten Verfassungsordnung in Frage stellte. Der Senat
geht davon aus, dass die in der EuGH-Entscheidung enthaltenen Aussagen
auf Besonderheiten des Umsatzsteuerrechts beruhen, aber keine
grundsätzliche Auffassung äußern. Die Entscheidung über diese Frage ist
im Senat einstimmig ergangen.
3. Die Verfassungsbeschwerde ist teilweise begründet.
a) Die Antiterrordatei ist in ihren Grundstrukturen mit dem Recht auf
informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit
Art. 1 Abs. 1 GG vereinbar.
aa) Der durch die angegriffenen Vorschriften geschaffene
Informationsaustausch ist von erheblichem Gewicht. Für die Betroffenen
kann die Aufnahme in eine solche Datei erheblich belastende Wirkung
haben.
Das Eingriffsgewicht wird dadurch erhöht, dass die Datei auch den
Informationsaustausch zwischen Nachrichtendiensten und Polizeibehörden
ermöglicht. Die Rechtsordnung unterscheidet zwischen einer grundsätzlich
offen arbeitenden Polizei, die auf eine operative Aufgabenwahrnehmung
ausgerichtet und von detaillierten Rechtsgrundlagen angeleitet ist, und
den grundsätzlich verdeckt arbeitenden Nachrichtendiensten, die auf die
Beobachtung und Aufklärung im Vorfeld zur politischen Information und
Beratung beschränkt sind und sich deswegen auf weniger ausdifferenzierte
Rechtsgrundlagen stützen können. Aus dem Grundrecht auf informationelle
Selbstbestimmung folgt für den Datenaustausch zwischen diesen ein
informationelles Trennungsprinzip. Soweit Daten zwischen den
Nachrichtendiensten und Polizeibehörden für ein operatives Tätigwerden
ausgetauscht werden, handelt es sich um einen besonders schweren
Eingriff. Dieser ist nur ausnahmsweise zulässig und muss einem
herausragenden öffentlichen Interesse dienen. Hierbei dürfen die
jeweiligen Eingriffsschwellen für die Erlangung der Daten nicht
unterlaufen werden.
Das Eingriffsgewicht der Antiterrordatei wird jedoch dadurch gemindert,
dass sie als Verbunddatei ausgestaltet ist, die sich in ihrem Kern auf
die Informationsanbahnung durch bereits erhobene Daten beschränkt. Für
die Übermittlung der Daten zur operativen Aufgabenwahrnehmung ist das
einschlägige Fachrecht maßgeblich, das seinerseits den
verfassungsrechtlichen Anforderungen und dem informationellen
Trennungsprinzip genügen muss. Das Antiterrordateigesetz selbst
berechtigt zu einem Austausch zur operativen Aufgabenwahrnehmung nur in
dringenden Ausnahmefällen.
bb) Straftaten mit dem Gepräge des Terrorismus, wie sie das
Antiterrordateigesetz zum Bezugspunkt hat, richten sich gegen die
Grundpfeiler der verfassungsrechtlichen Ordnung und das Gemeinwesen als
Ganzes. Es ist Gebot unserer verfassungsrechtlichen Ordnung, solche
Angriffe nicht als Krieg oder als Ausnahmezustand aufzufassen, der von
der Beachtung rechtsstaatlicher Anforderungen dispensiert, sondern sie
als Straftaten mit den Mitteln des Rechtsstaats zu bekämpfen. Dem
entspricht umgekehrt, dass der Terrorismusbekämpfung im Rahmen der
Verhältnismäßigkeitsabwägung ein erhebliches Gewicht beizumessen ist.
cc) Angesichts der sich gegenüberstehenden Interessen bestehen gegen die
Grundstrukturen der Antiterrordatei keine verfassungsrechtlichen
Bedenken. Allerdings entspricht die Regelung der Datei dem
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im engeren Sinne nur, wenn sie
hinsichtlich der zu erfassenden Daten sowie deren Nutzungsmöglichkeiten
normenklar und in der Sache hinreichend begrenzt ausgestaltet ist sowie
hierbei qualifizierte Anforderungen an die Kontrolle gestellt und
beachtet werden.
b) Das Antiterrordateigesetz genügt diesen Maßstäben nicht vollständig.
aa) § 1 Abs. 2 ATDG, der die Beteiligung weiterer
Polizeivollzugsbehörden an der Antiterrordatei nur nach weiten und
wertungsoffenen Kriterien regelt, ist mit dem Bestimmtheitsgebot
unvereinbar. Will der Gesetzgeber die Entscheidung über die beteiligten
Behörden in die Hände der Exekutive legen, ist er vorliegend auf die
Form der Rechtsverordnung verwiesen. Eine bloße Verwaltungsvorschrift
reicht insoweit nicht.
bb) Nicht in jeder Hinsicht mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen
vereinbar sind die Vorschriften, die den von der Datei erfassten
Personenkreis festlegen.
(1) Die Vorschrift des § 2 Satz 1 Nr. 1 ATDG erfasst zunächst
Angehörige, Unterstützer und unterstützende Gruppierungen von
terroristischen Vereinigungen. Sie erweitert diesen Kreis aber auf
Personen, die eine unterstützende Gruppierung lediglich unterstützen,
ohne klarzustellen, dass es sich um eine willentliche Unterstützung der
den Terrorismus unterstützenden Aktivitäten handeln muss. Daher können
Personen erfasst werden, die im Vorfeld und ohne Wissen von einem
Terrorismusbezug eine in ihren Augen unverdächtige Vereinigung
unterstützen. Dies verstößt gegen den Grundsatz der Normenklarheit und
ist mit dem Übermaßverbot nicht vereinbar. Eine verfassungskonforme
Auslegung scheidet hier aus.
(2) Nicht vollständig mit der Verfassung vereinbar ist auch § 2 Satz 1
Nr. 2 ATDG. Die Vorschrift, die Einzelpersonen erfassen soll, die
möglicherweise in einer Nähe zum Terrorismus stehen, verbindet eine
Reihe von mehrdeutigen und potenziell weiten Rechtsbegriffen.
Hinsichtlich der Begriffe der „rechtswidrigen Gewalt“ und des
„vorsätzlichen Hervorrufens solcher Gewalt“ lässt sich eine
Verfassungswidrigkeit wegen Stimmgleichheit im Senat nicht feststellen.
Nach Auffassung der vier Mitglieder des Senats, die die Entscheidung
insoweit tragen, ist die Verwendung dieser Merkmale mit dem Grundgesetz
vereinbar, sofern ihnen keine übermäßig weite Bedeutung beigelegt wird
und insbesondere unter Gewalt nur solche Gewalt verstanden wird, die
unmittelbar gegen Leib und Leben gerichtet oder durch den Einsatz
gemeingefährlicher Mittel geprägt ist. Nach der Auffassung der anderen
vier Mitglieder des Senats müsste die Vorschrift wegen fehlender
Bestimmtheit und übermäßiger Reichweite insgesamt für verfassungswidrig
erklärt werden; eine verfassungskonforme Auslegung komme nicht in
Betracht.
Das bloße „Befürworten von Gewalt“ im Sinne dieser Vorschrift reicht
nach der einhelligen Auffassung des Senats für die Erfassung von
Personen in der Antiterrordatei nicht. Die Vorschrift verstößt insoweit
gegen das Übermaßverbot. Das Gesetz macht hier die subjektive
Überzeugung als solche zum Maßstab und legt damit Kriterien zugrunde,
die vom Einzelnen nur begrenzt beherrscht und durch rechtstreues
Verhalten nicht beeinflusst werden können.
(3) Verfassungswidrig ist § 2 Satz 1 Nr. 3 ATDG. Nach dieser Regelung
sind die einfachen Grunddaten in die Datei einzustellen, soweit
Kontaktpersonen von einem Terrorismusbezug der Hauptperson nichts
wissen, bei Kenntnis vom Terrorismusbezug auch die erweiterten
Grunddaten. Infolgedessen erstreckt sich der Austausch von
Klarinformationen zwischen den beteiligten Behörden auch auf Daten zu
den Kontaktpersonen.
Die Regelung ist weder mit dem Bestimmtheitsgrundsatz noch mit dem
Übermaßverbot vereinbar. Allerdings ist es verfassungsrechtlich nicht
prinzipiell ausgeschlossen, Daten von Kontaktpersonen in der
Antiterrordatei bereitzustellen. In der Regel sind solche Personen nur
insoweit von Interesse, als sie Aufschluss über die als terrorismusnah
geltende Hauptperson vermitteln können. Hieran muss sich auch die
gesetzliche Ausgestaltung orientieren. Möglich wäre es insoweit,
Kontaktpersonen mit wenigen Elementardaten zu erfassen und diese - als
Information zu der terrorismusnahen Hauptperson - nur verdeckt
recherchierbar zu speichern.
cc) Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist der in § 3 Abs. 1 Nr.
1 a und b ATDG geregelte Umfang der erfassten Daten. Hinsichtlich
einiger dieser Daten ist es jedoch erforderlich, die administrativen
Zwischenschritte für deren Konkretisierung zu dokumentieren und zu
veröffentlichen.
Diese Dokumentations- und Veröffentlichungspflicht gilt für die sehr
offen formulierten Merkmale in § 3 Abs. 1 Nr. 1 b gg, hh, ii, kk, nn
ATDG (beispielsweise zur Erfassung terrorismusrelevanter Fähigkeiten).
Auch sie genügen allerdings dem Bestimmtheitsgebot, da eine nähere
Konkretisierung nur durch die Sicherheitsbehörden erfolgen kann. Der
Gesetzgeber hat jedoch sicherzustellen, dass sie dokumentiert und
veröffentlicht wird. Nach gegenwärtiger Praxis werden die in Frage
stehenden unbestimmten Rechtsbegriffe durch einen - in das
Computerprogramm eingebundenen - Katalog der zu speichernden Merkmale
konkretisiert und standardisiert; die Bundesregierung hat dem Senat
diesbezüglich ein „Katalog-Manual“ vorgelegt. Dessen Veröffentlichung
ist im Antiterrordateigesetz aber nicht vorgeschrieben. Damit genügt die
derzeitige Rechtslage den Anforderungen an eine rechtsstaatliche
Ausgestaltung nicht.
Mit dem Übermaßverbot vereinbar ist das Freitextfeld (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 b
rr ATDG). Es handelt sich hierbei nicht um eine Blankovollmacht zur
Ergänzung der Datei um beliebige weitere Informationen, sondern um eine
Öffnung für Hinweise und Bewertungen, die durch die Standardisierung und
Katalogisierung der Eingaben sonst nicht abgebildet werden.
dd) Nicht in jeder Hinsicht mit dem Übermaßverbot vereinbar sind die
Regelungen zur Verwendung der Daten.
(1) Verfassungsrechtlich unbedenklich sind Abfrage und Nutzung in Bezug
auf die einfachen Grunddaten geregelt. Gleiches gilt für Abfragen zu den
erweiterten Grunddaten, soweit diese namensbezogen durchgeführt werden
(§ 5 Abs. 1 Satz 1 und 3 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 b ATDG).
Hierbei erhält die Behörde nicht Zugang auf die erweiterten Grunddaten
selbst, sondern nur eine Treffermeldung verbunden mit dem Nachweis, bei
welcher Behörde und unter welchem Aktenzeichen entsprechende
Informationen geführt werden. Der Zugriff unmittelbar auf die
erweiterten Grunddaten wird erst auf Einzelersuchen nach Maßgabe des
Fachrechts durch Freischaltung seitens der informationsführenden Behörde
ermöglicht.
(2) Mit dem Übermaßverbot nicht vereinbar ist die Regelung zur
sogenannten Inverssuche (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 a ATDG). Hierbei
handelt es sich um merkmalbezogene Recherchen in den erweiterten
Grunddaten, die der abfragenden Behörde im Trefferfall nicht nur eine
Fundstelle zu weiterführenden Informationen vermitteln, sondern
unmittelbar Zugang zu den entsprechenden einfachen Grunddaten
verschaffen. So kann eine Behörde zum Beispiel nach Personen mit einer
bestimmten Religionszugehörigkeit und Ausbildung, die einen bestimmten
Treffpunkt frequentieren, suchen und erhält im Trefferfall nicht nur die
Angabe, welche Behörde darüber Informationen besitzt, sondern auch die
Namen, Adressen sowie weitere Grundinformationen von allen Personen, auf
die die abgefragten Merkmale zutreffen. Eine solch weitgehende Nutzung
trägt der inhaltlichen Reichweite der erweiterten Grunddaten nicht
hinreichend Rechnung. Wenn sich eine Recherche auch auf erweiterte
Grunddaten erstreckt, dürfen nur das Aktenzeichen und die
informationsführende Behörde angezeigt werden, nicht aber auch die
korrespondierenden einfachen Grunddaten.
(3) Keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, auch nicht für den Fall
einer Inverssuche, unterliegt die Nutzung der erweiterten Grunddaten im
Eilfall (§ 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 6 Abs. 2 ATDG). Die
Voraussetzungen, unter denen eine solche Nutzung erlaubt ist, sind
hinreichend eng gefasst, um den Eingriff zu rechtfertigen. Die
Vorschrift genügt dem Übermaßverbot und hat auch Bestand vor dem
informationellen Trennungsprinzip.
ee) Das Antiterrordateigesetz gewährleistet eine Transparenz
hinsichtlich des Informationsaustauschs - bedingt durch Zweck und
Funktionsweise der Datei - nur in begrenztem Umfang. Damit sind den
Betroffenen nur eingeschränkte Rechtsschutzmöglichkeiten eröffnet. Dies
ist mit der Verfassung vereinbar, wenn für die effektive Ausgestaltung
der Aufsicht verfassungsrechtliche Maßgaben beachtet werden. So müssen
die Aufsichtsinstanzen auf Bundes- wie auf Landesebene - wie nach
geltendem Recht die Datenschutzbeauftragten - mit wirksamen Befugnissen
ausgestattet sein. Zugriffe und Änderungen im Datenbestand müssen
vollständig protokolliert und den Datenschutzbeauftragten in praktikabel
auswertbarer Weise zur Verfügung gestellt werden. Kontrollen sind in
angemessenen Abständen durchzuführen, deren Dauer ein gewisses Höchstmaß
- etwa zwei Jahre - nicht überschreiten darf. Hinsichtlich des
Erfordernisses turnusmäßig festgelegter Pflichtkontrollen fehlt es an
einer hinreichenden gesetzlichen Vorgabe; den Gesetzgeber trifft
insoweit eine Nachbesserungspflicht. Im Übrigen sind die Vorschriften
verfassungskonform auszulegen. Der Gesetzgeber hat im Übrigen zu
beobachten, ob Konflikte auftreten, die gesetzlicher Klarstellungen oder
der Einführung etwa von Streitlösungsmechanismen wie dem Ausbau von
Klagebefugnissen bedürfen.
ff) Zur Gewährleistung von Transparenz und Kontrolle bedarf es
schließlich einer gesetzlichen Regelung von Berichtspflichten.
Regelmäßige Berichte des Bundeskriminalamts gegenüber Parlament und
Öffentlichkeit über Datenbestand und Nutzung der Antiterrordatei sind
sicherzustellen.
c) Die gesetzlich vorgesehene vollständige und uneingeschränkte
Einbeziehung aller auch durch Eingriff in Art. 10 Abs. 1
(Telekommunikationsgeheimnis) und in Art. 13 Abs. 1 GG
(Unverletzlichkeit der Wohnung) erhobenen Daten in die Antiterrordatei
ist mit der Verfassung nicht vereinbar. Angesichts des besonderen
Schutzgehalts gelten für Datenerhebungen, die in diese Grundrechte
eingreifen, in der Regel besonders strenge Anforderungen. Durch die
uneingeschränkte Einstellung auch solcher Daten in die Antiterrordatei
werden die Informationen unabhängig von bereits geschehenen oder
bevorstehenden Terrorakten für Ermittlungsmaßnahmen noch im Vorfeld
greifbarer Gefahrenlagen zur Verfügung gestellt, obwohl hierfür eine
Datenerhebung unter Eingriffen in das Telekommunikationsgeheimnis oder
die Unverletzlichkeit der Wohnung nicht gerechtfertigt werden könnte.
Dies unterläuft die entsprechenden Datenerhebungsanforderungen.
Demgegenüber wäre eine Regelung, die für solche Daten stets eine
verdeckte Speicherung gemäß § 4 ATDG vorsieht, unter
Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten mit der Verfassung vereinbar. Die
entsprechenden Informationen würden bei einer solchen Regelung nur nach
Maßgabe der fachrechtlichen Übermittlungsvorschriften zugänglich
gemacht, die dann ihrerseits verfassungsrechtlich gebotene qualifizierte
Eingriffsschwellen und einen hinreichend gewichtigen Rechtsgüterschutz
sicherstellen könnten.
4. Die teilweise Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Vorschriften
führt nicht zu deren Nichtigkeitserklärung, sondern nur zur Feststellung
ihrer Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz. Bis zu einer Neuregelung,
längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2014, dürfen die Vorschriften
weiter angewendet werden. Vor deren weiteren Anwendbarkeit ist
allerdings zunächst die Beachtung bestimmter Maßgaben sicherzustellen.
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