Die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat den
Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen das brandenburgische
Landesgesetz zur Neustrukturierung der Hochschulregion Lausitz
abgelehnt. Die Kammer hat ihre Entscheidung auf Grundlage einer
Folgenabwägung getroffen. Das Gesetz tritt am 1. Juli 2013 in Kraft. Die
nähere verfassungsrechtliche Prüfung bleibt dem Hauptsacheverfahren
vorbehalten.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:
1. Zwei Fakultäten der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus
(BTU Cottbus) wenden sich gegen Normen des Gesetzes zur
Neustrukturierung der Hochschulregion Lausitz. Durch dieses Gesetz
sollen u.a. ihre Universität und die Fachhochschule Lausitz fusioniert
werden. Die Beschwerdeführerinnen rügen insbesondere eine unzureichende
Beteiligung ihrerseits wie auch ihrer Hochschule im Entscheidungsprozess
zur Fusion. Sie befürchten schwere und irreparable Nachteile durch den
Gesetzesvollzug und haben deswegen den Erlass einer einstweiligen
Anordnung beantragt. 2. Gegen das Gesetz haben auch die BTU Cottbus
sowie deren Studierendenschaft - verbunden mit Anträgen auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung - jeweils Verfassungsbeschwerde zum
Verfassungsgericht des Landes Brandenburg erhoben. Dieses hat mit
Beschluss vom 19. Juni 2013 den Antrag der BTU Cottbus auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Den Eilantrag der
Studierendenschaft hat es mit Beschluss vom selben Tag als unzulässig
verworfen.
3. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im
Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln,
wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender
Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend
geboten ist. Das Bundesverfassungsgericht hat dabei lediglich die
Nachteile abzuwägen, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung
nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber in der Hauptsache Erfolg
hätte, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte
einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber
der Erfolg zu versagen wäre.
4. Zwar ist die zugrundeliegende Verfassungsbeschwerde weder von
vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Jedoch ergibt
eine Gesamtabwägung, dass überwiegende Gründe gegen den Erlass einer
einstweiligen Anordnung sprechen. Es ist insbesondere nicht ersichtlich,
dass im Fall der vorläufig weiteren Wirksamkeit des Gesetzes endgültige
und nicht wiedergutzumachende Schäden von besonderem Gewicht oder nur
unter ganz erheblichen Schwierigkeiten wieder ausräumbare vollendete
Tatsachen geschaffen würden.
Zwar ist es nicht undenkbar, dass eine Universität, die mit einer
Fachhochschule fusioniert wird, Reputation in der Forschungskooperation
einbüßt. Jedoch ist es keineswegs zwingend, dass Kooperationen
scheitern. Die Planungssicherheit, die für eine Stiftung für die
Bereitstellung von Drittmitteln von zentraler Bedeutung ist, bietet auch
eine einstweilige Anordnung nicht. Soweit es um den Anspruch von
Studierenden auf Durchführung und Beendigung eines begonnenen Studiums
geht, ist zwar nicht irrelevant, nach welchen Kriterien immatrikuliert
und auf welchem fachlichen Niveau studiert wird. Nach dem Gesetz bleiben
alle Studierenden immatrikuliert und das Gesetz verändert auch nicht die
Anerkennung von Leistungen. Unumkehrbare und unzumutbare
Beeinträchtigungen, die durch die Fusion verursacht würden, sind nicht
erkennbar.
Der von den Beschwerdeführerinnen angeführte Rückgang von
Studierendenzahlen hat bereits eingesetzt und lässt sich durch eine
Eilentscheidung nicht beenden. Die gewünschte Planungssicherheit wird
nur durch eine Entscheidung in der Hauptsache hergestellt. Das gilt auch
für die befürchtete Abwanderung von Personal.
Soweit der vom Ministerium des Landes eingesetzte Gründungsbeauftragte
die Hochschule leitet, ist nicht ersichtlich, dass damit unumkehrbare
Fakten von entsprechendem Gewicht geschaffen würden. Nach dem Willen des
Gesetzgebers soll die Dauer dieser Interims-Leitung „so kurz wie möglich
bemessen sein“. Dem Gründungsbeauftragten stehen zudem mangels
hinreichender Mitwirkung der Hochschullehrenden an seinen Entscheidungen
von Verfassung wegen keine Befugnisse zu, wissenschaftsrelevante
Entscheidungen zu treffen. Dies sieht das Gesetz auch nicht vor.
Demgegenüber würde sich die Umsetzung der vom Landesgesetzgeber für
dringend erforderlich gehaltenen Strukturentscheidungen verzögern, wenn
das Bundesverfassungsgericht die begehrte einstweilige Anordnung
erließe. Kann ein Überwiegen der Nachteile, die entstünden, wenn die
einstweilige Anordnung nicht erginge, nicht festgestellt werden, fordert
das gemeine Wohl den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht.
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