Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 2. Kammer des Zweiten
Senats des Bundesverfassungsgerichts die verfassungsrechtlichen
Anforderungen an eine Wohnungsdurchsuchung bekräftigt. Angesichts des
Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung setzt die Durchsuchung den
Verdacht einer Straftat voraus, der auf konkreten Tatsachen beruht; vage
Anhaltspunkte und bloße Vermutungen reichen nicht. Ein Tatverdacht
ergibt sich nicht ohne Weiteres daraus, dass der Leiter einer
Rechtsabteilung sich, nachdem staatsanwaltliche Ermittlungen im Umfeld
des Unternehmens durch einen Presseartikel bekannt geworden sind, zur
Aufarbeitung des Sachverhalts und zur Vorbereitung des
Verteidigungsvorbringens des Unternehmens veranlasst sieht.
Wesentliche Erwägungen der Kammer:
1. Der Beschwerdeführer ist Prokurist sowie Leiter der Rechtabteilung
eines Unternehmens der Rüstungsindustrie. Mit seiner
Verfassungsbeschwerde wendet er sich gegen einen Durchsuchungsbeschluss
des Amtsgerichts Stuttgart sowie gegen einen bestätigenden Beschluss des
Landgerichts Stuttgart.
2. Die angegriffenen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem
Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 GG. a) Erforderlich zur
Rechtfertigung eines Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung
(Art. 13 Abs. 1 GG) ist der Verdacht, dass eine Straftat begangen wurde.
Dieser Verdacht muss auf konkreten Tatsachen beruhen; vage Anhaltspunkte
und bloße Vermutungen reichen nicht aus. Eine Durchsuchung darf nicht
der Ermittlung von Tatsachen dienen, die zur Begründung eines Verdachts
erforderlich sind, denn sie setzen einen Tatverdacht bereits voraus.
Notwendig ist, dass ein auf konkrete Tatsachen gestütztes, dem
Beschwerdeführer angelastetes Verhalten geschildert wird, das den
Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt.
Eine ins Einzelne gehende Nachprüfung des von den Fachgerichten
angenommenen Verdachts ist nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts.
Ein Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts ist nur geboten, wenn die
Auslegung und Anwendung der strafrechtlichen Bestimmungen objektiv
willkürlich sind oder Fehler erkennen lassen, die auf einer
grundsätzlich unrichtigen Anschauung der Grundrechte des Betroffenen
beruhen.
b) Diesen Maßstäben werden die angegriffenen Entscheidungen des
Amtsgerichts Stuttgart und des Landgerichts Stuttgart nicht gerecht. Die
ihnen zugrunde liegende Annahme des Verdachts einer Beteiligung des
Beschwerdeführers an einer gemeinschaftlichen Bestechung ausländischer
oder inländischer Amtsträger beruht nicht auf konkreten Tatsachen,
sondern auf allenfalls vagen Anhaltspunkten und bloßen Vermutungen.
Gegen die Feststellung, dass die Stellung des Beschwerdeführers als
Prokurist für sich genommen einen Anfangsverdacht nicht zu begründen
vermag, ist verfassungsrechtlich nichts zu erinnern. Sonstige
hinreichend konkrete Anhaltspunkte zur Begründung des Verdachts der
Begehung einer Straftat durch den Beschwerdeführer werden in den
angegriffenen Beschlüssen nicht dargelegt. Insbesondere ist es
sachgerecht, dass der Beschwerdeführer sich als Leiter der
Rechtsabteilung vor dem Hintergrund der durch einen Presseartikel
bekanntgewordenen staatsanwaltlichen Ermittlungen im Umfeld des
Unternehmens zur Aufarbeitung des Sachverhalts und zur Vorbereitung des
Verteidigungsvorbringens des Unternehmens veranlasst sah. Daraus kann
nicht gefolgert werden, dass sein Handeln auf eine Verschleierung
rechtswidriger Taten abzielte. Erst recht kann daraus nicht auf eine
Beteiligung des Beschwerdeführers an Bestechungshandlungen geschlossen
werden.
3. Der Beschluss des Landgerichts wird aufgehoben und die Sache zur
erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
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