Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 2. Kammer des Ersten Senats
des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungsbeschwerde gegen ein
Räumungsurteil in Folge einer Eigenbedarfskündigung nicht zur
Entscheidung angenommen. Es verletzt nicht das Recht der
Beschwerdeführerin auf den gesetzlichen Richter, dass das
Berufungsgericht die Revision zum Bundesgerichtshof in diesem Verfahren
nicht zugelassen hat.
Sachverhalt und Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin mietete 1987 eine 57,48 qm große Wohnung in B.,
deren Eigentümer seit 1997 der Kläger des Ausgangsverfahrens ist. Er
lebte bis zum Jahr 2008 ebenfalls in B. und verzog dann mit seiner
Ehefrau und den vier gemeinsamen Kindern in eine andere Stadt.
Der Kläger kündigte im Jahr 2010 das mit der Beschwerdeführerin
bestehende Mietverhältnis - unter anderem - wegen Eigenbedarfs.
Hinsichtlich des Eigenbedarfs führte er aus, er sei mit seiner Familie
berufsbedingt umgezogen, habe in B. allerdings eine im Jahr 1999
geborene, nichteheliche Tochter, für die er gemeinsam mit der
Kindesmutter das Umgangs- und Sorgerecht habe. Um dieses auszuüben, sei
es erforderlich, dass er sich regelmäßig über mehrere Tage in B.
aufhalte. Hierfür benötige er die an die Beschwerdeführerin vermietete
Wohnung.
Nachdem das Amtsgericht die Räumungsklage abgewiesen hatte, wurde die
Beschwerdeführerin in der Berufungsinstanz vom Landgericht zur Räumung
und Herausgabe der Wohnung an den Kläger verurteilt. Die Revision hat
das Landgericht nicht zugelassen.
Wesentliche Erwägungen der Kammer:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, denn
sie hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.
a) Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres
Eigentumsgrundrechts rügt, fehlt es an einer ausreichenden Begründung
der Verfassungsbeschwerde; insoweit ist die Verfassungsbeschwerde
unzulässig.
b) Daher kann nur die Nichtzulassung der Revision verfassungsrechtlich
geprüft werden. Insoweit verletzt die angegriffene Entscheidung des
Landgerichts die Beschwerdeführerin nicht in ihrem Recht auf den
gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.
aa) Für eine willkürliche Nichtzulassung der Revision ist vorliegend
nichts ersichtlich, insbesondere werden mit der Verfassungsbeschwerde
keine diesbezüglichen Anhaltpunkte dargetan.
bb) Zwar kommt eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch dann in Betracht, wenn
die Entscheidung des Gerichts über die Nichtzulassung nicht näher
begründet ist, obwohl die Zulassung des Rechtsmittels nahe gelegen
hätte. Die Voraussetzungen eines solchen verfassungsrechtlich relevanten
Begründungsdefizits sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Im
vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht die Nichtzulassung der
Revision zwar nicht mit einer auf den Einzelfall bezogenen Begründung
versehen. Dies führt jedoch nicht zu einer Verfassungsverletzung, denn
die Zulassung der Revision hat nicht im Sinne der einschlägigen
Rechtsprechung nahe gelegen.
Insbesondere ergibt sich - selbst nach den Darlegungen der
Verfassungsbeschwerde - keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs dann, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu
entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von
Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der
Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des
Rechts berührt. Als in diesem Sinne klärungsbedürftig käme vorliegend
allenfalls die Frage in Betracht, ob der bloße Wunsch des Eigentümers
nach einer Zweitwohnung die Voraussetzungen des Eigenbedarfs erfüllen
kann, oder ob umgekehrt die Annahme eines Eigenbedarfs bereits dann
ausgeschlossen ist, wenn der Vermieter bereits eine andere Wohnung
besitzt und diese nicht aufgeben, sondern weiterhin nutzen will.
Die Zulassung der Revision unter diesem Gesichtspunkt erscheint
allerdings nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung der
Fachgerichte nicht nahe liegend. Nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs reicht zwar allein der Wille des Vermieters, in den
eigenen Räumen zu wohnen, für die Annahme von Eigenbedarf noch nicht
aus. Ausreichend sind jedoch vernünftige und nachvollziehbare Gründe für
die Inanspruchnahme des Wohnraumes. Weder dem Wortlaut noch dem Zweck
der Vorschrift sei - so die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - zu
entnehmen, dass dem Vermieter ein Kündigungsrecht nur unter der
Voraussetzung zustehe, dass er oder eine begünstigte Person einen Mangel
an Wohnraum habe oder der Vermieter sich in einer wohnbedarfstypischen
Lage befinde. Eine zusätzliche Beschränkung der Eigenbedarfskündigung -
etwa die Forderung nach der Begründung des Lebensmittelpunktes - lässt
sich dieser Rechtsprechung nicht entnehmen.
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