Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 3. Kammer des Ersten Senats
des Bundesverfassungsgerichts ein Urteil des Amtsgerichts Euskirchen
unter anderem wegen Verstoßes gegen das Willkürverbot aufgehoben und das
Verfahren zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Das Amtsgericht
hatte einschlägige Rechtsprechung mit der Begründung nicht
berücksichtigt, diese sei ihm erst nach der mündlichen Verhandlung
bekannt geworden. Zudem hatte es Sachvortrag und eine Zuständigkeitsrüge
der Beschwerdeführerin übergangen.
Sachverhalt und Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin wurde vor dem Amtsgericht auf Schadensersatz
verklagt. Sie und die Klägerin sind zwei von drei Parteien einer
Wohnungseigentümergemeinschaft. Jeder Wohnung ist eine Garage
zugeordnet. Anlässlich von Streitigkeiten besprühte die
Beschwerdeführerin eine Garagendachverblendung mit Farbe, die sich
sowohl über ihre eigene als auch über die Garagenzelle der Klägerin
wölbt. Für Malerarbeiten zur Beseitigung dieser Farbauftragungen
verlangte die Klägerin von der Beschwerdeführerin einen Betrag von
464,10 €. Die Beschwerdeführerin rügte u. a. die Unzuständigkeit der
Zivilabteilung und bestritt den Anspruch dem Grunde und der Höhe nach.
Das Amtsgericht verurteilte die Beschwerdeführerin zur Zahlung des
eingeklagten Betrages. Zur Begründung führte das Amtsgericht u. a. aus,
erst im Anschluss an die mündliche Verhandlung sei ihm die
Rechtsprechung bekannt geworden, nach der die tragenden Teile eines auf
dem gemeinschaftlichen Grundstück errichteten Garagengebäudes zum
gemeinschaftlichen Eigentum gehörten. Da zu diesem Zeitpunkt aber
bereits streitig verhandelt worden sei, sei eine Abgabe an den wegen
dieser Zuordnung zuständigen Spruchkörper, nämlich die Abteilung für
Wohnungseigentumssachen, nicht mehr möglich gewesen.
Wesentliche Erwägungen der Kammer:
1. Das angegriffene Urteil verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner
Ausprägung als Willkürverbot. Das Gericht hat § 5 Abs. 2 des
Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) als offensichtlich einschlägige Norm
nicht berücksichtigt. Diese Vorschrift regelt, dass tragende Teile eines
Gebäudes nicht Gegenstand von Sondereigentum sein können; darunter fällt
auch die Dachkonstruktion einer Garage, die im Sondereigentum steht. Der
Schadensersatzanspruch hätte deshalb nur von der
Wohnungseigentümergemeinschaft geltend gemacht werden können.
Die hierfür gegebene Begründung des Amtsgerichts, dass es die
Zuständigkeit der WEG-Abteilung erst nach der mündlichen Verhandlung
erkannte und bis dahin in Unkenntnis der einschlägigen Rechtsprechung
war, ist nicht nachvollziehbar. Die zu späte Verschaffung der
erforderlichen Rechtskenntnisse berechtigt ein Gericht nicht, sehenden
Auges falsche Entscheidungen zu treffen.
2. Zudem liegt ein offensichtlicher Verstoß gegen das Recht auf den
gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vor), da keine Abgabe an
die nach Geschäftsverteilungsplan zuständige WEG-Abteilung des
Amtsgerichts erfolgte.
3. Das Urteil verstößt gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art.
103 Abs. 1 GG), da das Amtsgericht den Vortrag der Beschwerdeführerin,
mit dem diese die Kostenhöhe bestritt, offensichtlich nicht zur Kenntnis
nahm und bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigte.
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