Das Luftverkehrsteuergesetz ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Dies hat
der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit heute verkündetem
Urteil entschieden. Die Erhebung und Ausgestaltung der in die
Gesetzgebungskompetenz des Bundes fallenden Steuer verstößt nicht gegen
das Gleichheitsgebot. Sie verletzt auch nicht die Berufsfreiheit der
Luftverkehrsunternehmen und der Passagiere.
Sachverhalt:
Das Luftverkehrsteuergesetz begründet eine Steuerpflicht für die in
Deutschland ab dem 1. Januar 2011 startenden Abflüge von Fluggästen, die
von einem gewerblichen Luftverkehrsunternehmen transportiert werden,
nicht aber für private Flüge und Frachtflüge. Von der Besteuerung
ausgenommen sind ferner Flüge zu hoheitlichen, militärischen und
medizinischen Zwecken, Versorgungsflüge von und zu Nordseeinseln sowie
Transit- und Transferflüge. Neben der Erzielung von Einnahmen in Höhe
von einer Milliarde Euro jährlich soll die Abgabe nach der
Gesetzesbegründung lenkend wirken, indem sie Anreize für ein
umweltgerechteres Verhalten im Bereich des Flugverkehrs setzt. Die
Regierung des Landes Rheinland-Pfalz hat das Luftverkehrsteuergesetz im
Verfahren der abstrakten Normenkontrolle zur Prüfung gestellt.
Wesentliche Erwägungen des Senats:
Die mit der Normenkontrolle der Sache nach angegriffenen Normen des
Luftverkehrsteuergesetzes sind verfassungsgemäß.
1. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Erlass des
Luftverkehrsteuergesetzes folgt aus Art. 105 Abs. 2 Alt. 1 GG in
Verbindung mit Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 GG. Bei der Luftverkehrsteuer
handelt es sich um eine in die Zuständigkeit des Bundes fallende
sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuer im Sinne
des Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 GG. Der Begriff des Verkehrsmittels umfasst
neben demjenigen des Straßenverkehrs auch solche des Schiffs-, Bahn- und
Flugverkehrs.
Die Ermächtigung des Bundesministeriums der Finanzen in § 11 Abs. 2
LuftVStG, durch Rechtsverordnung die Steuersätze jeweils mit Wirkung zu
Beginn eines Kalenderjahres unter Berücksichtigung der
Vorjahreseinnahmen aus dem Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten
prozentual abzusenken, genügt den Anforderungen, die das Grundgesetz an
eine gesetzliche Ermächtigung der Exekutive zum Erlass von
Rechtsverordnungen im Bereich des Steuerrechts stellt. Sie räumt dem
Verordnungsgeber keine Entscheidung über das „Ob“ oder das „Wie“ der
Senkung der Luftverkehrsteuer ein, sondern überlässt ihm nur die
jährlich obligatorische Neuberechnung der Steuersätze nach genau
bestimmten Vorgaben.
2. Die zur verfassungsrechtlichen Überprüfung gestellten Vorschriften
sind hinsichtlich der Auswahl des Steuergegenstandes, der steuerlichen
Privilegierungen und der Ausgestaltung des Steuertarifs mit dem
Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
a) Mit der Belastung von gewerblichen Passagierflügen hat der
Gesetzgeber den Steuergegenstand in verfassungsgemäßer Weise gewählt.
Der Gesetzgeber war nicht aus Gleichheitsgründen gehalten, zugleich auch
den privaten Flugverkehr und Frachtflüge mit der Luftverkehrsteuer zu
belegen. Wegen seines weitgehenden, demokratisch legitimierten
Spielraums bei der Auswahl von Steuergegenständen wird der Gesetzgeber
vom Gleichheitssatz nicht gezwungen, nach einer einmal getroffenen
Entscheidung für ein bestimmtes Steuerobjekt zugleich auch alle
ähnlichen, für den Steuerzweck ebenfalls geeigneten Steuerobjekte in die
Belastung einzubeziehen. Erst nachdem der Steuergegenstand ausgewählt
ist, unterliegt der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Steuergesetzes
engeren Bindungen aus Art. 3 Abs. 1 GG.
b) Die vom Luftverkehrsteuergesetz bestimmten Ausnahmen von der
Steuerbelastung werden durch stichhaltige Sachgründe getragen. Die
Steuerentlastung von Inselflügen sichert die Daseinsvorsorge für die
Inselbewohner. Die Befreiung von Flügen zu militärischen und anderen
hoheitlichen Zwecken rechtfertigt sich bereits aus dem gewählten
Gegenstand der Besteuerung. Das Umsteigerprivileg soll die deutschen
Flughäfen als internationale Drehkreuze schützten, indem sie in dieser
Funktion einer geringeren Belastung unterliegen.
c) Die angegriffene Ausgestaltung des Steuertarifs verletzt den
allgemeinen Gleichheitssatz nicht. Der Gesetzgeber hat mit der
Anknüpfung der Besteuerung an die mit dem Flug zurückgelegte Distanz
einen geeigneten und hinreichend realitätsgerechten Besteuerungsmaßstab
gewählt, der dem Umweltschutzzweck des Gesetzes entspricht. Ungleiche
Belastungen, die dadurch entstehen, dass die Höhe des Steuertarifs an
den größten Verkehrsflughafen des Ziellandes statt an den tatsächlichen
Zielflughafen anknüpft, führen nicht zur Unvereinbarkeit des vom
Gesetzgeber bestimmten Steuermaßstabes mit Art. 3 Abs. 1 GG. Der für die
Besteuerung maßgebliche Flughafen des Ziellandes mit dem größten
Verkehrsaufkommen gibt nur bei wenigen sehr großen Ländern oder beim
Flug in überseeische Territorien einiger Länder den Distanzmaßstab nicht
korrekt wieder. Diese geringen Verwerfungen sind aus
Vereinfachungsgründen gleichheitsrechtlich noch tragbar.
3. Die Besteuerung des Passagierluftverkehrs verletzt schließlich weder
die Berufsfreiheit der Luftverkehrsunternehmen noch die Berufsfreiheit
der Passagiere. Für den Fluggast stellt die Luftverkehrsteuer bereits
keinen Eingriff in seine Berufsfreiheit dar, weil ihr insoweit ein
berufsregelnder Bezug fehlt. Die Beeinträchtigung der
Berufsausübungsfreiheit der Luftverkehrsunternehmen wird durch den vom
Gesetzgeber verfolgten Zweck des Umweltschutzes gerechtfertigt.
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