Anspruch auf Informationszugang trotz rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Bevollmächtigten
Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts Nr. 67/2020
Ein Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz ist nicht schon deswegen rechtsmissbräuchlich, weil der Bevollmächtigte rechtsmissbräuchlich vorgeht. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Die Prozessbevollmächtigten der Kläger stellten im Jahr 2015 beim Bundesministerium der Finanzen und bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht für mehr als 500 geschädigte Anleger der Wohnungsbaugesellschaft Leipzig West AG gleichlautende Anträge auf Informationen über die Wohnungsbaugesellschaft. Das Bundesministerium lehnte diese Anträge zum überwiegenden Teil ab. Die schon zuvor in sämtlichen Fällen erhobenen Klagen blieben vor dem Verwaltungsgericht, soweit sie nicht zurückgenommen wurden, wegen rechtsmissbräuchlicher Klageerhebung ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat die von einigen Klägern eingelegten Berufungen zurückgewiesen. Dem Informationszugangsanspruch stehe angesichts der massenweisen Einzelantragstellung und anschließenden Klageerhebung unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen. Dem Prozessbevollmächtigten der Kläger sei es allein darum gegangen, für sich möglichst weitgehende Gebührenansprüche zu generieren.
Die Revisionen der Kläger hatten Erfolg. Das Informationsbegehren der Kläger ist nicht deshalb rechtsmissbräuchlich, weil der Prozessbevollmächtigte sich möglicherweise rechtsmissbräuchlich verhält. Das ist erst dann anzunehmen, wenn positiv festgestellt wird, dass es einem Antragsteller selbst nicht um die begehrte Information geht, sondern nur um die Gebührenansprüche seines Bevollmächtigten. Da derartige Feststellungen fehlen, ist davon auszugehen, dass das Informationsinteresse des vertretenen Antragstellers bestand und auch während des Rechtsstreits fortbesteht. Das Verhalten des Bevollmächtigten außerhalb des eigenen Mandats ist einem Antragsteller nicht zuzurechnen.
Eine eigene Sachentscheidung zu den Informationsbegehren war dem Senat wegen fehlender Tatsachenfeststellungen verwehrt. Er hat die Sache daher an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
BVerwG 10 C 12.19 – Urteil vom 24. November 2020
Vorinstanzen:
OVG Berlin-Brandenburg, 12 B 16.17 – Urteil vom 22. Februar 2018 –
VG Berlin, 2 K 630.15 – Urteil vom 27. April 2017 –
BVerwG 10 C 13.19 – Urteil vom 24. November 2020
Vorinstanzen:
OVG Berlin-Brandenburg, 12 B 17.17 – Urteil vom 22. Februar 2018 –
VG Berlin, 2 K 633.15 – Urteil vom 27. April 2017 –
BVerwG 10 C 14.19 – Urteil vom 24. November 2020
Vorinstanzen:
OVG Berlin-Brandenburg, 12 B 18.17 – Urteil vom 22. Februar 2018 –
VG Berlin, 2 K 634.15 – Urteil vom 27. April 2017 –
BVerwG 10 C 15.19 – Urteil vom 24. November 2020
Vorinstanzen:
OVG Berlin-Brandenburg, 12 B 19.17 – Urteil vom 22. Februar 2018 –
VG Berlin, 2 K 636.15 – Urteil vom 27. April 2017 –