Pfandleiher müssen Überschüsse aus der Pfandversteigerung an den Staat abführen

Pfandleiher müssen Überschüsse aus der Pfandversteigerung an den Staat abführen

Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts Nr. 18/2018

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat entschieden, dass gewerbliche Pfandleiher verpflichtet sind, nicht rechtzeitig vom Verpfänder abgeholte Überschüsse aus der Pfandverwertung an den Staat abzuführen.

Als Überschuss aus der Pfandverwertung wird der Teil des Versteigerungserlöses bezeichnet, der über die Kreditsumme und die dem Pfandleiher zustehenden Zinsen und Gebühren hinausgeht. Zivilrechtlich steht dieser Überschuss dem Verpfänder zu. Die aufgrund der Gewerbeordnung erlassene Pfandleiherverordnung sah bis Mai 2016 vor, dass der Pfandleiher nicht an den Verpfänder ausgezahlte Pfandüberschüsse zwei Jahre nach dem Jahr der Pfandverwertung an den Staat abführen musste. Die abgeführten Pfandüberschüsse verfielen dem jeweiligen Landesfiskus. Seit Mai 2016 beträgt die Frist für die Ablieferung und den Verfall drei Jahre.

Die Klägerin, ein gewerbliches Pfandleihunternehmen, verweigert seit 2009 die Ablieferung der Pfandüberschüsse, weil sie die Abführungspflicht und die Verfallsregelung für verfassungswidrig hält. Ihre Klage hatte in den ersten beiden Instanzen keinen Erfolg.

Die Revision der Klägerin blieb vor dem Bundesverwaltungsgericht ebenfalls erfolglos. Die angegriffene Abführungspflicht und die sie ergänzende Verfallsregelung sind verfassungskonform. Sie schränken die Berufsausübungsfreiheit der gewerblichen Pfandleiher verhältnismäßig ein. Die Ablieferungspflicht soll jegliches Interesse des Pfandleihers an der Erzielung eines hohen Pfandüberschusses ausschließen, damit dieser ein dem Pfandwert angemessenes Darlehen gewährt. Das dient dem Schutz des Verpfänders, der sich typischerweise in einer finanziellen Notlage befindet. Gleichzeitig schützt die Regelung die Allgemeinheit, indem sie Marktverzerrungen wegen des Ungleichgewichts der Verhandlungsmacht der Vertragspartner vermeidet. Beide Ziele können nicht ebenso effektiv durch weniger belastende Mittel erreicht werden. Der Pfandleiher wird durch die Ablieferungspflicht auch nicht unangemessen belastet. Sollte seine Eigentumsfreiheit betroffen sein, wird diese jedenfalls nicht verletzt, sondern verhältnismäßig beschränkt. Auch der Eingriff in das Eigentum des Verpfänders am Pfandüberschuss ist verfassungskonform. Zwar geht dieses Eigentum mit dem Verfall an den Fiskus unter. Der Gesetzgeber durfte aber den Schutz vor unterwertigen Kreditvergaben höher gewichten als das Recht des Verpfänders, einen etwaigen Überschuss auch nach mehr als drei Jahren noch einfordern zu können. Eine zeitlich unbegrenzte, aufwändige staatliche Verwahrung der Mehrerlöse zugunsten des Verpfänders musste der Gesetzgeber nicht vorsehen. Ebenso wenig musste er die Ablieferungspflicht mit anschließendem Verfall auch auf kommunale Pfandleihhäuser oder auf Banken erstrecken. Kommunale Pfandleihhäuser sind nicht gewinnorientiert, sondern gemeinnützig tätig. Banken dürfen nur nachweislich kreditwürdigen Personen Darlehen gewähren, die typischerweise weniger schutzbedürftig sind als die Kunden gewerblicher Pfandleiher.

Fußnote:
§ 34 Abs. 2 und Abs. 3 Gewerbeordnung:

(2)1 Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zum Schutze der Allgemeinheit und der Verpfänder Vorschriften erlassen über den Umfang der Befugnisse und Verpflichtungen bei der Ausübung der in Absatz 1 genannten Gewerbe, insbesondere über

(…) 2. die Annahme, Aufbewahrung und Verwertung des Pfandgegenstandes, die Art und Höhe der Vergütung für die Hingabe des Darlehens und über die Ablieferung des sich bei der Verwertung des Pfandes ergebenden Pfandüberschusses, (…)2 Es kann ferner bestimmen, dass diese Vorschriften ganz oder teilweise auch auf nichtgewerblich betriebene Pfandleihanstalten Anwendung finden.

(3) Sind nach Ablauf des Jahres, in dem das Pfand verwertet worden ist, drei Jahre verstrichen, so verfällt der Erlös zugunsten des Fiskus des Landes, in dem die Verpfändung erfolgt ist, wenn nicht ein Empfangsberechtigter sein Recht angemeldet hat.

§ 5 Abs. 1 Pfandleiherverordnung:

(1)1 Der Pfandleiher darf das Pfand nur annehmen, wenn er mit dem Verpfänder vereinbart, dass

(…) 2. er berechtigt ist, drei Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem das Pfand verwertet worden ist, den Teil des Erlöses, der ihm nicht zu seiner Befriedigung gebührt und nicht an den Verpfänder ausgezahlt worden ist, an die zuständige Behörde abzuführen (…), und dass damit dieser Teil des Erlöses verfällt.

§ 11 Abs. 1 Pfandleiherverordnung:

(1)1 Der Pfandleiher hat Überschüsse, über die Vereinbarungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 abgeschlossen sind, spätestens einen Monat nach Ablauf der in § 5 Abs. 1 Nr. 2 bezeichneten Frist an die zuständige Behörde abzuführen; die zuständige Behörde kann auf Antrag des Pfandleihers die in Satz 1 genannte Frist von einem Monat aus wichtigem Grund verlängern.2 Die abgeführten Überschüsse verfallen dem Fiskus des Landes, in dem die Verpfändung erfolgt ist.

Urteil vom 28. März 2018 – BVerwG 8 C 9.17 –

Vorinstanzen:

OVG Münster, 4 A 1661/14 – Urteil vom 17. Februar 2017 –

VG Gelsenkirchen, 7 K 2736/12 – Urteil vom 04. Juli 2014 –