Berliner Besoldung nicht amtsangemessen

Berliner Besoldung nicht amtsangemessen

Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts Nr. 65/2017

Die Besoldung der Beamten des Landes Berlin in den Besoldungsgruppen A 9 bis A 12 war in den Jahren 2008 bis 2015 in verfassungswidriger Weise zu niedrig be­messen, für die Richterbesoldung in den Besoldungsgruppen R 1 bis R 3 gilt dies jedenfalls für die Jahre 2009 bis 2015. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden und dem Bundesverfassungsgericht insgesamt acht Verfahren zur Besoldung im Land Berlin zur Entscheidung vorgelegt.

Die Kläger sind Polizei- und Feuerwehrbeamte sowie Richter im Dienst des Landes Berlin. Sie hatten in den Jahren 2008 bis 2010 erfolglos eine verfassungswidrige Unteralimentation bei ihrem Dienstherrn gerügt. Klage- und Berufungsverfahren sind erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat angenommen, dass nur zwei der fünf vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Parameter für die Vermutung der Verfassungswidrigkeit der Besoldung erfüllt seien; deshalb bestehe kein Anlass für eine weitergehende Prüfung. Das Bundesver­waltungsgericht ist dem nicht gefolgt.

Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts erweist sich die Besoldung schon bei Anwendung der vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen relativen Vergleichsmethode als nicht angemessen. Dabei kann offen bleiben, ob der Nominallohnindex für Berlin trotz regionaler Besonderheiten eine hinreichende Aussagekraft besitzt. Dahinstehen kann auch, ob für den Quervergleich der Besoldung eine Betrachtung allein mit der Bundesbesoldung anzustellen ist. Denn jedenfalls für zwei wesentliche Parameter (Vergleich der Besoldungsentwicklung zu den Tarifergebnissen der Angestellten im öffentlichen Dienst und zum Verbraucherpreisindex) sind die Schwellenwerte in besonders deutlicher Weise überschritten. Damit liegen ausreichende Indizien vor, die eine umfassende Betrachtung und Gesamtabwägung der Verfassungsmäßigkeit des Alimentationsniveaus erforderlich machen.

Die danach anzustellende Gesamtbetrachtung ergibt ein einheitliches Bild und lässt vernünftige Zweifel am Vorliegen einer verfassungswidrigen Unteralimentation nicht zu.

Zunächst zeigt der Vergleich mit den durchschnittlichen Einkommen sozialversicherungspflichtig Beschäftigter mit entsprechender Qualifikation und Verantwortung, dass die Beamten und Richter des Landes Berlin deutlich geringere Einkünfte erzielen. Für die Richter ist zudem die vom Bundesverfassungsgericht geforderte qualitätssichernde Funktion der Besoldung nicht mehr gewährleistet; dies zeigt sich an der Absenkung der Einstellungsanforderungen bei gleichzeitiger deutlicher Verbesserung der Berliner Examensergebnisse.

Bei der Besoldung der Beamten hat der Berliner Gesetzgeber schließlich auch die absolute Untergrenze einer verfassungsgemäßen Alimentation unterschritten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss sich die Beamtenbesoldung vom Niveau der sozialrechtlichen Grundsicherung jedenfalls um 15 % abheben. Diese Anforderung ist im Land Berlin nicht eingehalten worden. Die Fehlerhaftigkeit des Besoldungsniveaus in den unteren Besoldungsgruppen führt zwangsläufig auch zu einem Mangel der hier in Rede stehenden Besoldungs­gruppen. Da der Gesetzgeber keine bewusste Entscheidung zur Neustrukturierung des Abstands zwischen den Besoldungsgruppen getroffen hat, führt die erforderliche Anpassung der untersten Besoldungsgruppe notwendigerweise zu einer Verschiebung des Gesamtgefüges.

BVerwG 2 C 56.16 – Beschluss vom 22. September 2017

Vorinstanzen:
OVG Berlin-Brandenburg OVG 4 B 38.12 – Urteil vom 12. Oktober 2016
VG Berlin VG 26 K 255.09 – Urteil vom 21. November 2012

BVerwG 2 C 57.16 – Beschluss vom 22. September 2017

Vorinstanzen:
OVG Berlin-Brandenburg OVG 4 B 37.12 – Urteil vom 12. Oktober 2016
VG Berlin VG 26 K 112.10 – Urteil vom 21. November 2012

BVerwG 2 C 58.16 – Beschluss vom 22. September 2017

Vorinstanzen:
OVG Berlin-Brandenburg OVG 4 B 2.13 – Urteil vom 12. Oktober 2016
VG Berlin VG 28 K 5.12 – Urteil vom 06. November 2012

BVerwG 2 C 4.17 – Beschluss vom 22. September 2017

Vorinstanzen:
OVG Berlin-Brandenburg 4 B 4.13 – Urteil vom 14. Dezember 2016
VG Berlin 26 K 485.11 – Urteil vom 11. Dezember 2012

BVerwG 2 C 5.17 – Beschluss vom 22. September 2017

Vorinstanzen:
OVG Berlin-Brandenburg 4 B 35.12 – Urteil vom 14. Dezember 2016
VG Berlin 26 K 30.11 – Urteil vom 09. November 2012

BVerwG 2 C 6.17 – Beschluss vom 22. September 2017

Vorinstanzen:
OVG Berlin-Brandenburg 4 B 5.13 – Urteil vom 14. Dezember 2016
VG Berlin 26 K 18.11 – Urteil vom 14. Dezember 2012

BVerwG 2 C 7.17 – Beschluss vom 22. September 2017

Vorinstanzen:
OVG Berlin-Brandenburg 4 B 6.13 – Urteil vom 14. Dezember 2016
VG Berlin 26 K 39.11 – Urteil vom 11. Dezember 2012

BVerwG 2 C 8.17 – Beschluss vom 22. September 2017

Vorinstanzen:
OVG Berlin-Brandenburg 4 B 29.12 – Urteil vom 14. Dezember 2016
VG Berlin 26 K 211.10 – Urteil vom 09. Dezember 2012