Rechtsverordnung über Ladenöffnung an einem Marktsonntag unwirksam

Rechtsverordnung über Ladenöffnung an einem Marktsonntag unwirksam

Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts Nr. 91/2015

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass die Rechtsverordnung einer bayerischen Gemeinde zur Freigabe der Ladenöffnung an einem Marktsonntag unwirksam war. Die Verordnung sah vor, dass am zweiten Sonntag nach Ostern im Kalenderjahr 2013 aus Anlass zweier in der Gemeinde stattfindender Jahrmärkte sämtliche an das jeweilige Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet sein durften.

Die Normenkontrollklage einer Gewerkschaft hatte vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Urteil der Vorinstanz im Ergebnis bestätigt und die Revision der Gemeinde zurückgewiesen.

Gewerkschaften können Normenkontrollklage gegen eine Rechtsverordnung erheben, die den verfassungsrechtlichen Sonntagsschutz nach ihrer Auffassung verkürzt (vgl. bereits Pressemitteilung vom 26.11.2014 – BVerwG 6 CN 1.13). Das gilt auch, wenn die Rechtsverordnung die Ladenöffnung für nur einen Sonntagnachmittag in einer einzelnen Gemeinde freigibt. Sonst wäre kein effektiver Schutz der sonntäglichen Arbeitsruhe als Rahmenbedingung auch für eine gewerkschaftliche Betätigung zu gewährleisten, da alle bayerischen Gemeinden eine Ladenöffnung an bis zu vier Marktsonntagen im Jahr freigeben dürfen.

Die angegriffene Rechtsverordnung war rechtswidrig, weil sie gegen § 14 des Gesetzes über den Ladenschluss (LadSchlG) verstieß. Bei verfassungskonformer Auslegung dieser Vorschrift ist die Öffnung von Verkaufsstellen mit uneingeschränktem Warenangebot nur dann mit dem Sonntagsschutz vereinbar, wenn der Markt und nicht die Ladenöffnung den öffentlichen Charakter des Tages prägt. Dazu muss der Markt für sich genommen – also nicht erst aufgrund der Ladenöffnung – einen beträchtlichen Besucherstrom anziehen, der die zu erwartende Zahl der Ladenbesucher übersteigt. Außerdem muss die Ladenöffnung auf das Umfeld des Marktes begrenzt bleiben.

Hier fehlte schon eine vertretbare entsprechende Prognose der Gemeinde. Unabhängig davon war die Rechtsverordnung hinsichtlich ihres räumlichen Geltungsbereichs nicht hinreichend bestimmt.

BVerwG 8 CN 2.14 – Urteil vom 11. November 2015

Vorinstanz:
VGH München 22 N 13.788 – Urteil vom 06. Dezember 2013

Auszug aus dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland:

Art 140

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

Art. 139 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

Auszug aus dem Gesetz über den Ladenschluss:

§ 3 Allgemeine Ladenschlusszeiten

Verkaufsstellen müssen zu folgenden Zeiten für den geschäftlichen Verkehr mit Kunden geschlossen sein:

1. an Sonn- und Feiertagen,

(…)

§ 14 Weitere Verkaufssonntage

(1) Abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Diese Tage werden von den Landesregierungen oder den von ihnen bestimmten Stellen durch Rechtsverordnung freigegeben.

(…)